Lernen von Ludwig Erhard Deshalb sind freiheitliche Systeme Autokratien überlegen

Bonn · Die Ludwig-Erhard-Stiftung hat zu einem Kolloquium in Bonn eingeladen, das untersucht, ob die Soziale Marktwirtschaft Antworten auf heutige Krisen hat.

 Arbeiter demonstrieren am 9. Dezember 1987 vor dem Werksgelände des Krupp-Stahlwerkes in Duisburg-Rheinhausen für den Erhalt der Hütte. 1993 wurde es endgültig geschlossen.

Arbeiter demonstrieren am 9. Dezember 1987 vor dem Werksgelände des Krupp-Stahlwerkes in Duisburg-Rheinhausen für den Erhalt der Hütte. 1993 wurde es endgültig geschlossen.

Foto: dpa/A3502 Horst Ossinger

Deutschland, Europa, ja die Welt sind im Umbruch. Die Krisen scheinen nicht mehr abzureißen: Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg mit drohendem Gasmangel und über allem der Klimawandel, dessen unmittelbare Folgen in diesem Sommer für jeden spürbar geworden sind. In solchen Zeiten sich zu besinnen, welche Krisen und Katastrophen das Land in den vergangenen Jahrzehnten schon erlebt und am Ende überwunden hat, kann hilfreich sein. Die in Bonn beheimatete Ludwig-Erhard-Stiftung erinnert in diesem Jahr mit zahlreichen Veranstaltungen an ihren Namensgeber, der im Februar 125 Jahre alt geworden wäre.

Am Anfang des Kolloquiums, das am Donnerstag und Freitag im Bonner Maritim-Hotel stattfindet, stand eine Begriffsklärung: Rheinischer Kapitalismus und Soziale Marktwirtschaft seien keine Synonyme, erklärte Guido Hitze, der Leiter der Landeszentrale für politische Bildung NRW. Der Rheinische Kapitalismus sei zuerst da gewesen, eine Ausformung des Verhältnisses von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wie es sich im Ruhrgebiet mit der Bergbau- und Stahlindustrie seit dem 19. Jahrhundert herausgebildet hatte. Mit der Sozialen Marktwirtschaft, wie sie die CDU nach dem Zweiten Weltkrieg unter Ludwig Erhard, dem ersten Wirtschaftsminister der jungen Bundesrepublik, entwickelte, gebe es Überschneidungen, aber auch spannende Widersprüche und Gegensätze, sagte Hitze.

Ein Grundpfeiler der Sozialen Marktwirtschaft sei die Tarifhoheit von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, in die sich der Staat nicht einzumischen habe, wie der Bonner Historiker und langjährige Leiter des Mannesmann-Archivs Horst A. Wessel ausführte. So seien es in der Besatzungszeit nach 1945 auch die wieder zugelassenen Gewerkschaften gewesen, die eine von den Allliierten erwogene Verstaatlichung der Industrie verhindert hätten.

Mittelständische Unternehmen als „blinder Fleck“

Einen interessanten Aspekt hob Hans Jörg Hennecke hervor, Hauptgeschäftsführer des Unternehmerverbands Handwerk.NRW: Wer vom Rheinischen Kapitalismus spreche, denke immer zuerst an die Industrie im Ruhrgebiet, dabei sei NRW viel größer. Er sehe einen „blinden Fleck“, wenn es um die Interessen der familiengeführten Unternehmen im Sauerland, im Münsterland und in Westfalen-Mitte, also den Mittelstand, gehe. „Diese Strukturen prägen nicht den politischen Diskurs“, kritisierte Hennecke. NRW sei gut beraten, den Begriff des Rheinischen Kapitalismus nicht zu hoch zu hängen.

Freiheit führt zu technischer Überlegenheit

Den Strukturwandel an Rhein und Ruhr, weg von der Kohle, hat der Staat über Jahrzehnte mit Subventionen abgefedert, deren Kürzungen zu schweren Arbeitskämpfen führten, die die Demonstranten auch 1997 nach Bonn bis in das Regierungsviertel führten. Andere staatliche Fördermittel fließen in den Aufbau alternativer Energieträger, die kein CO2 mehr produzieren. Marcus Lübbering, Geschäftsführer der Ludwig-Erhard-Stiftung, sprach in diesem Zusammenhang aber auch vom „süßen Gift“ der öffentlichen Hilfen, die in die Abhängigkeit führten. In den aktuellen Krisen werde der Ruf nach dem Staat immer lauter: „Zu viel des Guten richtet auch Schaden an.“ Von Erhard könne man lernen: „Freiheit ist das höchste Gut. Angesichts des Krieges von Putin in der Ukraine ist uns das wieder stärker bewusst“, so Lübbering. Freiheitliche Systeme führten zu technischer Überlegenheit. Das zeige sich gerade bezüglich der deutschen Energieabhängigkeit, für die nun Alternativen entwickelt würden: „Wir können uns unabhängig machen.“

Der zweite Teil des Kolloquiums „Rheinischer Kapitalismus und Soziale Marktwirtschaft“ der Ludwig-Erhard-Stiftung findet an diesem Freitag im Maritim-Hotel in Bonn ab 10.15 Uhr statt (Anmeldung ab 9.30 Uhr). Link zum Programm: https://kolloquium.hub-event.de/programm2.php

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