Hauptversammlung Deutsche Post sieht Plus bei Mindestlohn als Wettbewerbsvorteil

Bonn · Worüber andere Firmenchefs stöhnen, betrachtet Vorstandschef Frank Appel als Wettbewerbsvorteil: Die geplante Erhöhung des Mindestlohnes. Auf der virtuellen Hauptversammlung der Deutschen Post DHL geht es auch um die Doppelbelastung des Vorstandschefs.

 Vorstandschef Frank Appel ist seit einem Monat auch Aufsichtsratschef der Deutschen Telekom.

Vorstandschef Frank Appel ist seit einem Monat auch Aufsichtsratschef der Deutschen Telekom.

Foto: dpa/Oliver Berg

Post-Chef Frank Appel ist ein Anhänger von Mindestlöhnen: „Menschen müssen von ihren Löhnen leben können“, sagte er am Freitag bei der virtuellen Hauptversammlung seines Konzerns auf Frage eines Aktionärs. Dementsprechend begrüße er auch die geplante Erhöhung des Mindestlohns zum 1. Oktober auf zwölf Euro in der Stunde. Allerdings ist die Deutsche Post DHL von der Erhöhung auch längst nicht so stark betroffen wie andere Konzerne der Branche: Weniger als ein Prozent der Beschäftigten in Deutschland verdienten derzeit weniger als zwölf Euro. Von der Erhöhung erwartet Appel positive Effekte, weil Konkurrenten Löhne deutlicher erhöhen müssten: „Wir werden an Wettbewerbsfähigkeit gewinnen.“

„Sehen Ämterhäufung kritisch“

Fragen von Aktionären richteten sich an die Doppelbelastung, die Appel in diesem Jahr hat, weil er zu seinem Vorstandsmandat bei der Post auch den Aufsichtsratsvorsitz bei der Deutschen Telekom übernommen hat. Appels Amtszeit als Postchef endet nach der Hauptversammlung im kommenden Jahr. Als Nachfolger ist Post-und-Paket-Deutschland-Chef Tobias Meyer vorgesehen. „Wir sehen die Ämterhäufung von Herrn Dr. Appel kritisch“, meint Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei Deka Investment. Die Deutsche Post verstoße damit gegen die Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex. Demnach soll ein Vorstandschef nicht zeitgleich Aufsichtsratschef eines anderen börsengelisteten Konzerns sein.

Aufsichtsratschef Nikolaus von Bomhard sagte, dass der Aufsichtsrat sich im Vorfeld der Entscheidung ausführlich mit dem Thema befasst und nicht den geringsten Zweifel habe, dass Appel seinen Aufgaben bei der Post in vollem Umfang nachkommen werde. Appel sei erfahren in seinem Job, die Doppelbelastung sei zeitlich begrenzt und die Übergabe an Nachfolger Meyer sei langfristig vorbereitet. Deshalb habe das Gremium entgegen den Empfehlungen der Governance Index zugestimmt.

Nach mehr als 14 Jahren habe  sich ein Wechsel an der Spitze der Deutschen Post abgezeichnet, und die Suche nach einem neuen Aufsichtsratsvorsitzenden der Deutschen Telekom sei bekannt gewesen, so Speich: „Die Übergabe des Staffelstabs bei der Post kommt zu spät.“ Nicht nur Zeitpunkt und Ablauf der Nachfolgeplanung, auch die Neubesetzung des Chefpostens sorgt für Verwunderung. Das bisher operativ geprägte Tätigkeitsfeld von Tobias Meyer unterscheidet sich grundlegend von der strategischen Ausrichtung von Appel. „Wir können nur hoffen, dass Herr Meyer bei der Übernahme des Staffelstabs nicht ins Stolpern gerät.“

14 Millionen Euro an Negativzinsen

Auch die Zunahme der Verbundzustellung war für die Aktionäre ein Thema. Der Anteil der Bezirke, in denen Briefe und Pakete zusammen ausgetragen werden, steigt seit Jahren an. Finanzvorständin Melanie Kreis erklärte, dass die Herausforderung für die Post- und Paketsparte in Deutschland die sinkende Zahl an Briefen und steigende Zahl an Paketen sei. Deshalb mache die weitere Ausweitung der Verbundzustellung Sinn. Außerdem transportierten Briefzusteller nun auch kleinere Pakete. Das mache auch aus Klimaschutzgründen Sinn. Den Anteil des Umsatzes, der von der Post- und Paketsparte in Deutschland mit Amazon erzielt werde, bezifferte Kreis auf sechs Prozent.

Dass Kontoinhaber für größere Summen auf ihren Konten derzeit Negativzinsen zahlen müssen, kam den Konzern 2021 teuer zu stehen: Der Konzern zahlte laut Kreis 14 Millionen Euro für die Aufbewahrung ihres Geldes bei den Banken.

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