Telekom auf Talentsuche in Israel "Deutschland kann bei Förderung von Start-ups lernen"

TEL AVIV · Max Modl weiß, dass er aus einer Stadt kommt, die viele junge Israelis gern kennenlernen wollen. Der Berliner Jungunternehmer, Gründer von "Movinary", hat vergangene Woche die israelische High-Tech-Branche kennengelernt und kann nun seinerseits erzählen, was Tel Aviv der deutschen Hauptstadt voraus hat.

"Die Start-up-Szene ist hier dynamischer und reifer als in Berlin." Das hat auch die Deutsche Telekom erkannt, die seit einem Jahr mit einem eigenen Büro vor Ort auf der Suche nach High-Tech-Unternehmen ist, denen sie bei der Produktentwicklung und Markterschließung hilft - Kapitalbeteiligung eingeschlossen.

"Ich habe dieses Jahr mindestens 300 israelische Start-ups besucht", berichtet Guy Horowitz, der in Israel die Talentsuche für den Bonner Konzern betreibt. Und Talent heißt: Clevere Entwickler, die Softwarelösungen erarbeitet haben und daraus eine Geschäftsidee gemacht haben.

Nach dem kalifornischen Silicon Valley hat sich Israel seit Ende der 90er Jahre zum Zentrum der Digitalwirtschaft entwickelt, wo ausländische Investoren jährlich Milliarden Euro anlegen. Erst im Sommer hatte Google das israelische Unternehmen Waze, das seine Nutzer über Verkehrsstaus unterrichtet, für über eine Milliarde US-Dollar gekauft. Das Herz der Szene schlägt in Tel Aviv, wo 700 Gründerfirmen sitzen.

Die Deutsche Telekom investiert in Israel seit den 1990er Jahren. An der Ben-Gurion-Universität arbeiten die Bonner zusammen mit israelischen Wissenschaftlern an der Verbesserung der Datensicherheit im globalen Netz. Inzwischen hat der Konzern aber erkannt, dass dies nicht ausreicht, um im Wettbewerb zu bestehen. Da die Innovationszyklen in der Digitalwirtschaft immer kürzer werden, erweist sich ein großer Konzern als zu schwerfällig, erklärt Axel Menneking, der für das Projekt "Hubraum" in Israel unterwegs ist.

"Hubraum" ist seit anderthalb Jahren das Inkubatorprogramm der Telekom in Berlin, im polnischen Krakau und seit einigen Wochen in Tel Aviv. "Anders als Guy Horowitz konzentrieren wir uns auf die Start-ups in der Seed-Phase", erklärt Menneking. "Seed", englisch für "Samen", bezeichnet Firmen, die eine Geschäftsidee und die entsprechende Software entwickelt haben, aber noch keinen richtigen Kundenstamm haben. Pro Unternehmen kann "Hubraum" bis zu 300.000 Euro investieren, bei Horowitz geht es um Größenordnungen ab einer Million Euro.

Auch Max Modl von "Movinary", einer Plattform, die aus Fotos in Minutenschnelle Videos zaubert, ist in eine Kooperation mit der Deutschen Telekom eingestiegen, nachdem er die Bonner von seiner Geschäftsidee überzeugen konnte. Seine Woche in Tel Aviv hat der 24-Jährige auf Einladung der Stadt verbracht. Sein Eindruck: "Was Förderung von Startups durch den Staat angeht, kann Deutschland noch von Israel lernen."

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