DHL Express bezieht neue Weltzentrale nahe Post-Tower

260 Beschäftigte aus 41 Nationen koordinieren Transporte rund um Globus

DHL Express bezieht neue Weltzentrale nahe Post-Tower
Foto: Frommann

Bonn. Ständig unterwegs: gestern Hongkong, morgen Sydney, nächste Woche Fort Lauderdale. "Die meiste Zeit meines Lebens habe ich im Flugzeug verbracht", sagt John Mullen. Zeit für Müßiggang bleibt dem hochgewachsenen Manager kaum.

Der 53-Jährige ist Vorstandsvorsitzender der Post-Tochter DHL Express, die nach eigenen Angaben als Weltmarktführer bei grenzüberschreitenden Express-Sendungen in 220 Ländern und Regionen mit 350 Flugzeugen und 72 000 Fahrzeugen agiert. Der Jahresumsatz belief sich 2007 auf rund 13,9 Milliarden Euro. Aufgabe von DHL Express: Alle möglichen Frachten, von der verlorenen Kreditkarte, dem olympischen Feuer für die Paralympics, über Zootiere bis zu Organen und pharmazeutischen oder technischen Produkten so pünktlich und sicher wie möglich zum Empfänger zu bringen - unabhängig davon, ob die Ladung in China, Afghanistan, Uruguay oder Kanada erwartet wird.

Außer Militär-Bedarf oder gefährlichen Stoffen transportiere DHL "alles, was in eine Kiste passt", sagt Mullen. Und das rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr. Ein Hochdruck-Geschäft. Auch deshalb, weil Zeit bares Geld ist. Kein Wunder also, dass dem Manager mit dem australischen Pass oft kaum mehr als vier bis fünf Stunden Schlaf bleiben. Da tut ihm nach eigenen Angaben das "freundliche und herzliche Bonn" mit seinen überschaubaren Dimensionen ganz gut. "Bonn ist wie Yoga für mich", sagt Mullen scherzend.

Und auch seine Mitarbeiter, die beispielsweise aus Singapur oder Brüssel kommen, schätzen die ruhige Atmosphäre, die kurzen Wege und nicht zuletzt die vielen guten Kantinen rund um ihren neuen Arbeitsplatz. Seit rund zwei Wochen hat der Manager sein neues Domizil in der Fritz-Erler-Straße 5, nur ein paar Schritte vom Post-Tower und damit der Konzernzentrale der Deutschen Post World Net entfernt. "Das ist das schönste Büro meiner Laufbahn", sagt Mullen, der nur mit Mühe alle Orte auf der Welt auflisten könnte, an denen er schon gearbeitet hat. "Nur schade, dass ich den Rhein von hier aus nicht sehen kann."

Rund 260 Beschäftigte - darunter viele Führungskräfte und Spezialisten - mit 41 Nationalitäten arbeiten in dem nagelneuen Bürogebäude, dem Global Head Office, also der Weltzentrale von DHL Express, die am Montag offiziell eröffnet wird. Ohne Englisch geht hier gar nichts, das Geschäft ist international. Ziel des neuen Standorts ist es, die unmittelbare Nähe zur Post-Zentrale für Synergien zu nutzen und die Zusammenarbeit zwischen Express- und anderen Logistiksparten auszubauen. Das soll unter anderem dem Vertrieb und dem Service zugute kommen.

Deshalb ist dort auch ein hochmodernes Globales Qualitätskontroll-Zentrum eingerichtet worden. An acht Bildschirmen überwachen Mitarbeiter die frachttechnische Weltlage. Die Wand gegenüber bildet raumhohe Tabellen, Fernsehbilder internationaler Nachrichtensender und eine riesige Weltkarte mit allen Flugbewegungen ab. Dort können die Netzwerkanalytiker rund um die Uhr den Weg der Sendungen und den Auslieferungsstatus einer Fracht überprüfen. Eine Verzögerung erkennt das Netzwerk innerhalb von 15 Minuten.

"Irgendwas passiert immer irgendwo auf der Welt. Kommunikation ist alles", sagt Adrian Whelan, der für die weltweite Transportsicherheit zuständig ist. Die beispielsweise durch Wetter, Erdbeben, Terroranschläge, Kriege oder technische Probleme unvermeidbaren Verspätungen würden den Auftraggebern so rasch wie möglich mitgeteilt. "Die Kunden können dann flexibler reagieren." Zwar sei niemand über eine Verzögerung begeistert, aber die Akzeptanz nehme deutlich zu, wenn DHL im voraus über Störungen in der Lieferkette informiere.

Zunächst greife jedoch das Krisenreaktionszentrum das Problem auf und versuche, mit Hilfe vorab festgelegter Notfallpläne alternative Transportwege auszumachen, um möglichst wenig Zeit zu verlieren. Wenn es sein muss, per Lastwagen. Zwar gibt es weltweit noch eine ganze Reihe von regionalen Kontrollzentren, aber in der neuen Bonner Niederlassung findet die internationale und globale Koordination statt, also für Transporte, die mehrere Kontinente umfassen.

John Mullen lobt die derzeitige DHL-Unternehmenskultur. Früher habe es weniger Strukturen gegeben, mitunter habe ein Bierdeckel zur Aufzeichnung gereicht. Bei der Post dagegen gehe es sehr prozessorientiert zu. "Wir haben eine gute Balance gefunden, alles ist sehr viel mehr strukturiert als früher". Sein neues berufliches Domizil in der Fritz-Erler-Straße gefällt ihm gut. "Es wird jeden Tag besser, wir haben hier eine wunderbare Organisation", schwärmt Mullen. Sein DHL-Vertrag ist bis 2010 befristet - und dann? Immerhin ist sein Zuhause in Sydney. Da kommt Pendeln nicht in Frage. Nur soviel ist klar: Ewig kann er diesen Megajob nicht machen. Aber was heißt das schon? John Mullen: "Seit 1987 sage ich meiner Familie, es ist das letzte Jahr."

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