Reihe "Profil" Die Erfolgsgeschichte eines Bonner Architekturbüros

Bonn · Seit 30 Jahren betreibt Claus Thomas Sommerey ein Architekturbüro in Bonn. Seine Kernarbeit ist der Umbau im Bestand. Es ist eine Erfolgsgeschichte, die Beruf, Ehe und Familienleben vereint.

 Architekt Claus Thomas Sommerey beschäftigt sich vor allem mit dem Umbau im Bestand.

Architekt Claus Thomas Sommerey beschäftigt sich vor allem mit dem Umbau im Bestand.

Foto: Barbara Frommann

Eigentlich hatte es ihn nach Brasilien gezogen. Das Ingenieursdiplom in der Tasche, wollte er noch eine Promotion in Geografie draufsatteln, um irgendwas mit Entwicklungspolitik zu machen. Doch statt nach Südamerika zu gehen, blieb Claus Thomas Sommerey in Bonn hängen: der Liebe und des Erfolgs wegen.

„Architektur Bureau Höflinger & Sommerey“ in der Bonner Südstadt hat sich in über 30 Jahren einen Namen gemacht durch den Umbau und die Modernisierung von Alten-, Pflege- und Behindertenheimen. Es gibt keine große karitative Organisation, für die die Architekten nicht gearbeitet haben. Entscheidend für ihre Auftraggeber ist, dass der vertraglich festgelegte Kostenrahmen eingehalten wird und nach dem Umbau alles fehlerfrei funktioniert. „Außerdem können wir improvisieren“, erklärt der 64-Jährige Sommerey. Eine wichtige Qualifikation, schließlich muss bei einem Umbau der Betrieb ungehindert weitergehen.

Sommerey ist Ostfriese, die Nähe zum Meer hat bei ihm schon früh die Sehnsucht nach der Ferne geweckt. Seine Frau Mona Höflinger, ebenfalls Architektin, ist sein Anker gewesen, der ihn in Bonn festhielt. „Sie hat damals gesagt: 'Lass uns doch ein Architekturbüro gründen.' Innerhalb eines Jahres hatten wir plötzlich zehn Aufträge – zack ging das hoch!“ Während er noch an seiner Promotion schrieb, stellte er Statiken für ihre Bauaufträge auf. „Am Ende hat mein Doktorvater gesagt, ich müsse mich entscheiden, entweder Promotion oder Architekturbüro.“ Als auch noch die Tochter geboren wurde, waren die Würfel für das Büro gefallen.

Wenn Sommerey beschreiben soll, was seine Haupttätigkeit ist, beschreibt er es negativ: „Wir entwerfen keine Weltraumbahnhöfe.“ Das sei bei ihnen so ein geflügeltes Wort, sagt er und lacht: „Weltraumbahnhöfe entwerfen Leute wie Santiago Calatrava.“ Die machen auf sich aufmerksam, indem sie an internationalen Architektenwettbewerben teilnehmen. Sommerey lebt seine Kreativität vor allem aus, wenn er Ein- oder Mehrfamilienhäuser entwirft, sein zweites Standbein. Dabei räumt er ein, dass solche Bauvorhaben nach der HOAI, der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure, nicht sehr gut honoriert seien und sich erst bei größeren Wohneinheiten wirklich lohnten.

Auffällig unauffällig sind die Büroräume von „Höflinger & Sommerey“, wo ein dritter Architekt und zwei weitere Angestellte arbeiten. Ins Auge fällt der farbenfrohe Warhol-Druck von Albert Einstein. „Freunde sagen, ich habe eine gewisse Ähnlichkeit“, erzählt er mit einem Augenzwinkern.

Das Bild inspiriert ihn aber noch aus einem anderen Grund: Vom Physiker und Nobelpreisträger kommt man schnell zu Sommereys Architektenvorbild, dem Katalanen Antoni Gaudí. „Das, was Einstein in der Physik gemacht hat, hat Gaudí in der Architektur vollbracht. Er war ein genialer Geist, technisch perfekt, aber auch sozial. Beim Bau der Sagrada Familia in Barcelona hat er es fertig gebracht, mit seinen Studenten in einer Hütte zu wohnen.“ Technisch hat sich seit Gaudi einiges getan: „Solch außerordentlich komplexe Strukturen wie von Calatrava sind nur möglich, weil man computergestützt arbeitet. Das hätte man früher alles mit der Hand zeichnen müssen.“ Und dann hätten einem womöglich die Statiker einen Strich durch die Rechnung gemacht. Das sei etwa das Schicksal von Frei Otto beim Münchner Olympiazelt gewesen: „Er wollte das viel lichter und lockerer haben. Wegen der Statiker sind es relativ brutale Strukturen geworden.“

Trotz der technischen Neuerungen bestreitet Sommerey, dass es in den letzten 2000 Jahren in der Architektur einen Paradigmenwechsel gegeben hat. Gewandelt habe sich die Arbeitsweise der Architekten: „Die Universalisten sterben aus.“ Die renommierten Köpfe wie Helmut Jahn machten den großen Entwurf und gäben den Rest an die Ingenieure weiter. „Wir sind ein Dinosaurier unter den Büros, weil wir vom Entwurf bis zur Prüfung, ob der letzte Nagel richtig in der Wand sitzt, noch alles selbst machen.“ In der Fachsprache heißt das „Werkplanung“. „Ich sage genau, wie dick die Stahlträger sein sollen, und überlasse den Statikern anschließend nur noch, dies zu überprüfen.“

Die Gruppe der freiberuflichen Architekten in Bonn ist klein. Der Versuch der Stadt Bonn, regelmäßige Treffen zu organisieren, verlief nach ein paar Terminen im Sand. „Es gibt ein latentes Konkurrenzbewusstsein“, erklärt Sommerey. „Wir sehen uns als Künstler, da gönnt keiner dem anderen die Butter auf dem Brot. Ist schon eine komische Stimmung.“

Er selbst hat noch ein drittes Standbein neben dem Umbau im Bestand und Eigenheimentwürfen: Sommerey tritt als Sachverständiger für Bauschäden auf. Auch hier ist er Universalist, muss sich für spezielle Fragen Dachdecker, Schreiner oder einen Glaser zur Unterstützung holen. Was ihn fasziniert, ist, dass im privaten Baurecht nichts kodifiziert ist, sondern von Fall zu Fall entschieden wird. „Nicht die Din-Norm ist das entscheidende Kriterium, sondern die 'allgemein anerkannten Regeln der Bautechnik'. Da muss man den gesunden Menschenverstand befragen.“ Dafür muss er Fortbildungen absolvieren. Die wichtigste Veranstaltung sind die „Aachener Bausachverständigentage“.

Sommerey ist Architekt mit Leidenschaft und als solcher auch leidenschaftlicher Gegner vieler gesetzlicher Vorgaben zum ökologischen Bauen. „Das Passivhaus ist Unsinn“, sagt er etwa. Ein solches Haus soll möglichst wenig zusätzliche Heizenergie benötigen, weil es die Abwärme seiner Bewohner und der technischen Hausgeräte als Wärmequelle nutzt. Fassaden in dicke Styropormäntel einzupacken hält er für falsch: Erst einmal weil es keine komplette Wärmedämmung gebe, das widerspreche physikalischen Regeln und damit der Bautechnik. Und zweitens wegen der starken Flechtenbildung an den sonnenfernen Seiten. „Die Symbiose von Schimmelpilzen und Moosen zu Flechten an diesen Stellen sieht grausam aus.“ Hoffnung auf ein Umdenken in der Politik hat er nicht. „Das Thema ist komplett ideologisiert. Die ganze Ökobilanz stimmt dabei einfach nicht.“

In der Reihe „Profil“ stellen wir Personen vor, die das Wirtschaftsleben der Region mitgestalten.

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