Die Kämmerer ziehen die Notbremse

Sinkende Steuereinnahmen reißen tiefe Löcher in die Haushalte der Kommunen im Rhein-Sieg-Kreis - Städte und Gemeinden reagieren mit Haushaltsperren - Investitionen werden verschoben

Rhein-Sieg-Kreis. Die finanzielle Situation der 19 Städte und Gemeinden im Kreis spitzt sich zu. Nach Haushaltssperren in Hennef, Bad Honnef und Königswinter zieht jetzt auch Siegburg rigoros die Notbremse.

25 Prozent der Ausgaben im Verwaltungshaushalt hat der Kämmerer mit einer Sperre belegt. Davon erhofft er sich einen sensibleren Umgang der Mitarbeiter im Siegburger Rathaus mit den Budgets. "Wir haben noch mal um fünf Prozent erhöht", erläuterte Dezernent Klaus Pipke.

Schon zu Beginn des Jahres habe man aus reiner Vorsicht 20 Prozent gesperrt. Großes Einsparpotenzial sieht Pipke indes nicht. "Es ist ein Sparappell." Jeden Euro, der über 75 Prozent des Etat-Ansatzes hinaus ausgegeben wird, muss der Kämmerer extra genehmigen. "Bei den Investitionen beschränken wir uns in den kommenden Jahren auf das Allernötigste." Am Donnerstag will Pipke den Politikern im Haupt- und Finanzausschuss konkrete Zahlen nennen.

Leer sind die Kassen auch in Sankt Augustin. Im Etat 2002 klafft nach der aktuellen Steuerschätzung im Mai ein Loch von mehr als drei Millionen Euro. Bis ins Jahr 2005 hochgerechnet, werden Kämmerer Ulrich Lehmacher mehr als zwölf Millionen Euro fehlen. Vom Instrument Haushaltssperre hält er allerdings nicht viel. "Das ist ein immenser Verwaltungsaufwand, der nicht allzuviel Einsparungen bringt."

Die Dezernenten hätten sich darauf verständigt, 3,5 Millionen Mark zu streichen. Notwendige Investitionen werden zurückgestellt, Liegenschaften veräußert und weniger Grunderwerb getätigt. Überlegt werde, etwa den Bauhof in einen Eigenbetrieb umzuwandeln. "Wenn es gar nicht mehr geht, müssen wir einen kräftigen Schluck aus der Rücklage nehmen", sagte Lehmacher. Immerhin stecken im Sparstrumpf noch vier Millionen Euro.

Grund für die Finanzkrise vieler Kommunen ist der drastische Einbruch bei den Steuereinnahmen. Der Anteil an der Einkommensteuer geht zurück, auch die Gewerbesteuereinnahmen fließen längst nicht mehr so reichlich. "Das wirkt sich natürlich auch auf die kommenden Jahre aus", sagte Lehmacher. Kreiskämmerer Karl-Hans Ganseuer hatte auch schon angedeutet, dass man um eine Erhöhung der Kreisumlage wohl nicht herumkomme. Ein Prozentpunkt mehr würde für Sankt Augustin Mehrkosten von 500 000 Euro bedeuten.

Zudem soll laut Lehmacher die Verteilung der Einkommensteuer-Anteile zugunsten der großen kreisfreien Städte umstrukturiert sowie die Ansätze für die Schlüsselzuweisungen heraufgesetzt werden. Die Konsequenz: höhere Grundsteuern. Ausgeglichene Haushalte vorzulegen, sei in den kommenden Jahren äußerst schwierig. "Aber wir müssen versuchen, unsere Handlungsfreiheit zu erhalten und die Haushaltssicherung zu vermeiden."

In Lohmar sind zur Zeit weder Haushaltsperre noch Steuererhöhung ein Thema. Gleichwohl macht sich Bürgermeister Horst Schöpe Gedanken um die Stadtkasse: "Im Vergleich zur Steuerschätzung im November haben wir 500 000 Euro weniger." Im Jahr 2005 seien die Rücklagen aufgezehrt, so dass auf Lohmar ein Haushaltssicherungskonzept zukäme. "Wir müssen eben eisern sparen. Zum Glück scheint aber der Konjunkturmotor wieder anzuspringen."

Nichts ohne Unterschrift des Kämmerers geht dagegen in Hennef. "Wir haben schon vor geraumer Zeit eine Haushaltssperre beschlossen", sagte Lutz Urbach. 25 Prozent Sperre gab es für das gesamte Jahr 2001. "Weil der Abschluss 2001 besser als erwartet ausfiel, hatten wir zunächst 15 Prozent angesetzt. Doch durch die geringeren Steuereinnahmen, mussten wir wieder auf 25 Prozent gehen."

Hennef ist in NRW übrigens Spitzenreiter bei der Pro-Kopf-Verschuldung. Dort steht laut Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik jeder Bürger im Schnitt mit 3 562,67 Euro in der Kreide. Das ist fast doppelt so viel wie die durchschnittliche Pro-Kopf-Verschuldung von 1 805 Euro in NRW-Kommunen. Zum Vergleich: Am Stichtag 31. Dezember betrug die Pro-Kopf-Verschuldung in Siegburg 3 162,72 Euro, in Lohmar 1 928,70 Euro, in Troisdorf 1 757,89, in Niederkassel 1 830,86 Euro und in Sankt Augustin 1 670,26 Euro.

Niederkassels Kämmerer Bernd Steeg rechnet mit 1,5 Millionen Euro weniger Einnahmen bei der Einkommensteuer. "Ich habe aber noch davon abgesehen, eine Haushaltssperre zu erlassen, denn bei den Gebühren gibt es eine positive Entwicklung." Die Gewerbesteuer, entwickele sich allerdings planmäßig. Steeg geht davon aus, den Haushalt ohne Sperre ausgleichen zu können.

"Wir beobachten die Entwicklung aber sehr aufmerksam, um schnell reagieren zu können." Das machen auch die Nachbarn in Troisdorf. Auch, wenn die Finanzlage laut Pressesprecherin Bettina Plugge zurzeit "nicht bedrohlich ist. Aber auch auf uns kommen die Probleme der anderen Kommunen zu. Wir haben aber eine recht gut gefüllte Rücklage." Mit rund 20 Millionen Euro ist der Sparstrumpf derzeit gut gefüllt.

Zwar halten sich in Neunkirchen-Seelscheid die Verluste bei den Einnahmen mit 130 000 Euro noch im Rahmen - ein Minus von 700 000 bis 800 000 Euro war befürchtet worden - dennoch wird die Kämmerei eine 15-Prozent-Sperre auf alle Ausgaben verordnen.

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