Interview: Rolf Kornemann "Die Pläne sind eine wirkliche Katastrophe"

Bonn · Wohnimmobilien werden in gefragten Gegenden seit Jahren immer teurer. Rolf Kornemann, Präsident des Eigentümerverbands Haus & Grund Deutschland, sieht einen Schlüssel zur Verringerung der Kosten der Bauerstellung in der Hand des Staates.

 DÜSSELDORF. Im Ringen um die Zukunft der verlustreichen Supermarktkette Kaiser's Tengelmann lässt Rewe nicht locker. Wie die "Wirtschaftswoche" berichtet, unterbreitete Rewe-Chef Alain Caparros dem Tengelmann-Miteigentümer Karl-Erivan Haub erneut ein schriftliches Angebot zur Komplettübernahme der Supermarktkette. Der Rewe-Aufsichtsrat habe dem Angebot zugestimmt.

DÜSSELDORF. Im Ringen um die Zukunft der verlustreichen Supermarktkette Kaiser's Tengelmann lässt Rewe nicht locker. Wie die "Wirtschaftswoche" berichtet, unterbreitete Rewe-Chef Alain Caparros dem Tengelmann-Miteigentümer Karl-Erivan Haub erneut ein schriftliches Angebot zur Komplettübernahme der Supermarktkette. Der Rewe-Aufsichtsrat habe dem Angebot zugestimmt.

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Sie fordern eine Verringerung der Kosten für den Wohnbau, damit zusätzlicher Wohnraum für Flüchtlinge geschaffen wird. Sind die niedrigen Zinsen nicht der beste Anreiz zu bauen?Rolf Kornemann: Die extrem niedrigen Zinsen sind natürlich eine riesige Stimulanz. Der Wohnungsbau ist attraktiver geworden. Die Kosten der Bauerstellung sind trotzdem heute zu hoch. Das beginnt schon beim Grundstück. In den Gegenden, wo wir Wohnraum brauchen, sind die Preise sehr gestiegen. Die Gemeinden haben über Jahrzehnte zu wenig Bauland ausgewiesen.

Welche preistreibenden Faktoren sehen Sie noch?
Kornemann: Der Staat hat ungeniert über Jahre hinweg immer wieder die Grunderwerbssteuer erhöht. Wir kommen von 3,5 Prozent im Jahr 2006 und sind heute im Schnitt bei sechs Prozent, teilweise 6,5 Prozent. Die Tendenz ist steigend, und niemand gebietet Einhalt. Außerdem ist die Flut an Vorschriften für das Bauen unerträglich. Alles zusammen bewirkt eine ungeheure Verteuerung der Baukosten.

Sehen Sie denn ein Einlenken der Bundesregierung?
Kornemann: Die Bundesregierung hat die Entwicklung nicht rechtzeitig wahrgenommen. Sie beschäftigt sich immer noch mit dem Abarbeiten des Koalitionsvertrages vom Herbst 2013. Die Lage hat sich seitdem aber extrem verschärft: Wir brauchen nicht nur für Flüchtlinge mehr Wohnraum, sondern auch für einen Teil der deutschen Bevölkerung. Bisher legt die Bundesregierung den Hebel nicht radikal genug um, damit wieder mehr Wohnraum geschaffen wird.

Der Ausweis von mehr Bauland scheitert in Ballungsräumen oft an der nicht vorhandenen Fläche.
Kornemann: Die Lösung für dieses Problem kann nur an der Peripherie der Ballungsräume liegen. Hier muss es eine Übereinkunft zwischen den Städten und den Kreisen, wie Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis, geben, wie sie gemeinsam Politik betreiben und Flächen ausweisen. Die Beteiligten müssen auch an einem Strang ziehen, um beispielsweise die Verkehrsinfrastruktur zu verbessern, damit die Ränder der Ballungsräume attraktiver werden. Es darf nicht nur Kirchturmspolitik gemacht werden.

Was halten Sie von der Initiative der Bundesregierung zum Einbau intelligenter Stromzähler?
Kornemann: Natürlich kann man das machen. Andere Staaten sind ja viel weiter. Es muss nur klar sein, dass ein normaler Privathaushalt nicht gezwungen werden darf, diese Zähler für viel Geld einzubauen. Zudem müssen die erhobenen Verbrauchdaten geschützt sein. Aber angesichts von mehreren Hunderttausend Flüchtlingen, die nach Deutschland kommen, frage ich mich, ob das jetzt wirklich unsere wahren Probleme sind. Man muss Prioritäten setzen.

Sie klagen in Schleswig-Holstein und Berlin gegen die Mietpreisbremse. Warum ausgerechnet dort?
Kornemann: Das liegt an den guten Chancen, die wir uns dort ausrechnen. Aber wir halten die Mietpreisbremse natürlich grundsätzlich für verfassungswidrig. Außerdem ist sie das völlig falsche Signal, wenn ich Investoren zum Bauen bewegen will. Die Mietpreisbremse hat eine verheerende psychologische Wirkung.

Es gibt doch Ausnahmen für Neubauten.
Kornemann: Jeder Neubau wird irgendwann eine Bestandswohnung. Der Mieterschutz ist in den vergangenen Jahren immer weiter verschärft worden. Kein Investor wird glauben, dass er eine Neubauwohnung aus dem Jahr 2015 in 40 Jahren noch völlig frei vermieten kann. Die Mietpreisbremse und die Kappungsgrenze allein werden von den Investoren vielleicht noch nicht als existenzbedrohend angesehen. Das Hauptproblem sind die geplanten Änderungen der Mietpreisspiegel, durch die die Mietpreisbremse ihre völlig verheerende Wirkung entfalten wird. Denn es sollen bei den Mietpreisspiegeln nicht mehr die Neuvermietungen und Mieterhöhungen der letzten vier, sondern der letzten zehn Jahre einbezogen werden.

Wie ist Ihr Urteil über die Pläne von Justizminister Heiko Maas zu Reformen des Mietrechts insgesamt?
Kornemann: Die Pläne, soweit sie bislang bekannt sind, sind eine wirkliche Katastrophe. Der Mieterschutz wird in einer Weise verschärft, dass besonders die Wohnungssuchenden mit geringem Einkommen darunter leiden werden. Zudem würden Investitionen in den Wohnungsbestand deutlich nachlassen. Und die Pläne zum Thema Wohnfläche werden zu zusätzlichen Rechtsstreitigkeiten führen.

Warum?
Kornemann: Bei Mieterhöhungen und der Umlage von Betriebskosten soll bei Neuvermietungen künftig die tatsächliche Wohnfläche einer Wohnung zugrunde gelegt werden. Doch die ist schlichtweg nicht zu ermitteln. Wir haben bei einem Test sechs Gutachter die Fläche zweier Wohnungen messen lassen - und haben sechs völlig verschiedene Ergebnisse bekommen.

Woran liegt das?
Kornemann: Es gibt zwei verschiedene Berechnungsmethoden und handwerkliche Fehler spielen eine große Rolle. Außerdem ist ein Streitpunkt, wie die Balkone, Terrassen, Schrägen, Rundungen und Putz einberechnet werden. Der Bundesgerichtshof und der Bundesjustizminister halten an der tatsächlichen Fläche fest. Das wird zu einer Flut von Rechtsstreitigkeiten führen.

Daneben will der Bund die Möglichkeit der Vermieter, die Kosten nach einer Modernisierung auf die Miete umzulegen, beschränken. Statt elf Prozent der Modernisierungskosten sollen Vermieter nur noch acht Prozent umlegen. In den Vorlagen des Ministeriums folgt eine Fülle an unbestimmten Rechtsbegriffen: Es sollen nur wirtschaftlich vernünftige Maßnahmen umgelegt werden können. Was soll das heißen? Das halte ich für sehr problematisch.

Was halten Sie vom Energieausweis, der seit Mai 2014 bei Vermietung oder Verkauf angegeben werden muss?

Kornemann: Wir haben auch einen Praxistest durchgeführt und verschiedene Gutachter für ein Wohngebäude einen Energieausweis erstellen lassen. Sie kommen zu extrem unterschiedlichen Ergebnissen. Die könnten auch gewürfelt worden sein. Der Energieausweis spielt auch im Verhältnis zwischen Mietern und Vermietern eine völlig untergeordnete Rolle. Hände weg von dem Ganzen.

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