Interview mit Romauld Schaber „Die Überproduktion drückt eindeutig auf die Preise“

Bonn · Romuald Schaber, Vorsitzender des Bundes Deutscher Milchviehhalter, plädiert für befristete Ausgleichzahlungen.

 Romuald Schaber. FOTO: DPA

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Herr Schaber, beim Milchgipfel sitzen weder die Landwirtschaftsminister der Länder noch die Milchbauern selbst mit am Tisch. Was halten Sie davon?

Romuald Schaber: Das ist sehr bedenklich. Außer dem Bauernverband sind keine Produzentenorganisationen dabei. Das kann ich nicht nachvollziehen. Wie soll denn eine Lösung gefunden werden können, wenn die eigentlich Betroffenen gar nicht dabei sind?

Worauf führen Sie die Einladungspraxis des Bundesministers zurück?

Schaber: Das liegt natürlich einerseits an der großen Nähe dieses Ministeriums zum Deutschen Bauernverband. Zum anderen sind unsere Positionen bekannt: Wir sprechen uns für eine Reduzierung der Milchmenge aus. Die Menge ist das Problem. Dieses Argument stößt aber im Ministerium und beim Bauernverband nicht auf Gegenliebe.

Was ist aus Ihrer Sicht der Auslöser der gegenwärtigen Milchpreiskrise?

Schaber:Die Liberalisierung des europäischen Milchmarkts und insbesondere die Abschaffung der festen Milchquoten haben zu einer gewaltigen Mehrproduktion in Europa geführt. In den letzten drei Jahren sind zusammen genommen über 13 Millionen Tonnen Milch mehr produziert worden. Das ist ein Zuwachs von rund zehn Prozent. Die Überproduktion drückt eindeutig auf die Preise. Die Produktion in Europa ist einfach schneller gewachsen als die weltweite Nachfrage.

Also wäre ein Zurück zu den Quoten die Lösung?

Schaber: Das wäre aus unserer Sicht tatsächlich eine Lösung – aber sie ist politisch nicht gewollt. Unser Verband hatte sich vor der Abschaffung der Quoten für eine Flexibilisierung des Systems ausgesprochen, aber ohne die Quote generell abzuschaffen. Bei wachsenden Märkten hätte man mehr produzieren dürfen, aber das Instrument Quote wäre bei einer gegenläufigen Entwicklung geeignet gewesen, die Menge besser zu steuern. Dafür gibt es aber politisch auf absehbare Zeit keine Chance.

Gibt es denn eine Chance auf freiwillige Mengenvereinbarungen zwischen den Marktbeteiligten?

Schaber:Grundsätzlich ja. Aber dann muss Geld von außen hinzukommen. Sonst werden weder Molkereien noch Bauern das Thema anpacken. Vor allem die Molkereien würden sonst einfach Wettbewerbsnachteile gegenüber Konkurrenten fürchten. Wir sind dafür, den Betrieben, die bereit sind zu reduzieren, durch den Staat einen gewissen Ausgleich zu garantieren. Gleichzeitig sollten die Lieferanten, die nicht reduzieren wollen, bei der Menge gedeckelt werden, damit sie in dieser schwierigen Phase nicht auch noch ihre Produktion ausdehnen. Es wäre eine Regelung für eine begrenzte Zeit, vielleicht ein halbes oder dreiviertel Jahr.

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