Mieten Durchschnittsverdiener werden an den Rand gedrängt

Ein Bonner Haushalt bekommt laut Studie für 25 Prozent seines Einkommens im Schnitt 84 Quadratmeter. Der Mieterbund bezeichnet die Statistik allerdings als zynisch.

Es sieht auf den ersten Blick nach einer guten Nachricht aus – auch für Bonner und Kölner Mieter: Laut einer neuen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) steigen die Einkommen schneller als die Wohnkosten. Das heißt im Umkehrschluss: Die Haushalte können sich mehr Quadratmeter für 25 Prozent ihres Durchschnittseinkommens leisten. In Bonn ist die Quadratmeterzahl demnach in den letzten sechs Jahren von 80 auf 84 gestiegen, in Köln von 71 auf 74 – trotz stark steigender Mieten in den Ballungszentren. Soweit die Statistik.Der Vorsitzende des Mieterbunds Bonn/Rhein-Sieg, Bernhard von Grünberg, bezeichnet die Ergebnisse als „zynisch“. Mit der Studie werde Klientelpolitik betrieben. „Der erst kürzlich neu erschienene Mietspiegel für Bonn hat gezeigt, dass in Bonn die Mieten in den letzten vier Jahren um durchschnittlich zehn Prozent gestiegen sind“, so von Grünberg. „Wir gehen davon aus, dass die durchschnittlichen Einkommen der Mieterhaushalte diese Einkommenssteigerungen nicht haben.“

Die Erklärung, wie die Studie dennoch zu solchen Zahlen kommt, ist einfach: Durch die steigenden Mieten zieht es hauptsächlich gut verdienende Menschen in die Städte. Mieter mit geringerem Einkommen oder Familien ziehen in die Randgebiete. So sammeln sich nach und nach die Wohlhabenden in den Zentren, die sich für 25 Prozent ihres Einkommens auch mehr leisten können. Damit steigt die Zahl der Wohlhabenden in den Ballungsräumen.

Wer ein durchschnittliches Einkommen habe, wie zum Beispiel eine Krankenschwester oder ein Polizist, könne sich kaum mehr eine Wohnung im Zentrum von Bonn leisten, erklärt von Grünberg. „Familien mit Kindern sind oft ganz an den Rand gedrängt.“

Ähnliche Entwicklungen bestätigt auch der Mieterverein Köln für die Domstadt und das nähere Umland. Inklusive Heiz- und Nebenkosten könne man in Köln mit 900 bis 1000 Euro für 74 Quadratmeter rechnen. Laut Mieterverein übersteige das 25 Prozent des Einkommens von Durchschnittsverdienern. In Köln wie auch in Bonn geben die Haushalte im Schnitt eher 30 bis 40 Prozent ihres Einkommens für Wohnkosten aus. Der Mieterbund Bonn/Rhein-Sieg erklärt ganz offen, dass er nicht an die Zahlen des IW glaubt. „Wir sind fest davon überzeugt, dass im Durchschnitt die zur Verfügung stehende Quadratmeterzahl pro Kopf eher sinken wird als steigen.“

Sowohl in Bonn als auch in Köln fehlt es laut Mieterschützern vor allem an bezahlbarem Neubau. In Köln sank die Zahl der Sozialwohnungen in den letzten zehn Jahren sogar von 150 000 auf 60 000.

Am meisten für ihr Geld bekommen Mieter in Bonn und im Rhein-Sieg-Kreis noch in den Außenbezirken, zum Beispiel in Windeck. „Allerdings muss man hier Fahrtkosten und Fahrtzeit dagegen rechnen“, so von Grünberg.

Ein großes Problem ist laut Mieterbund die gesetzliche Mietpreisbremse, die nur wenig Wirkung zeige: Wer eine Wohnung ergattert habe, frage nicht nach dem vorherigen Mietpreis. So sei auch nicht feststellbar, ob die Preiserhöhung im gesetzlich vorgegebenen Rahmen bleibt. Daher setzt sich der Mieterbund dafür ein, dass der Vermieter verpflichtet wird, die bisherige Miete auch in der Anzeige mitzuteilen.

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