Leser berichten von der Bescherung Ein Lebkuchenhaus unterm Weihnachtsbaum

BONN · Früher gab es viel selbst Gebasteltes zur Bescherung, heute kosten Geschenke für Kinder im Schnitt 80 Euro. GA-Leser packen Erinnerungen aus:

Ein Lebkuchenhaus, eine selbstgebastelte Puppenstube oder eine Orange waren Weihnachtsgeschenke, die ältere GA-Leser noch unterm Tannenbaum gefunden haben. Das zeigen die stimmungsvollen Erinnerungsbilder unserer Leser. Der GA hatte gefragt: Was haben Ihnen früher Ihre Eltern geschenkt? Und was schenken Sie Ihren Kindern und Enkelkindern heute?

"Für mich gab es 1958 warme Kleidung, und meine Puppe wurde neu eingekleidet", schreibt GA-Leserin Monika Mannel. Ihre Enkelkinder bekommen dieses Jahr Gutscheine und Geld: "Für Charlotte (14) gibt es einen Shopping-Ausflug mit Oma und Opa im Wert von 100 Euro und ein Buch, Lukas (16) bekommt ein Buch und Geld für seinen Roller, den er bei den Eltern abbezahlt, sowie Benzingeld."

Bargeld und Gutscheine werden heutzutage beliebter: Gut ein Viertel der Verbraucher will in diesem Jahr mit einem Geldgeschenk auf Nummer sicher gehen, wie das GfK Marktforschungsinstitut ermittelt hat. Das heißt, die Deutschen verschenken in diesem Jahr Bargeld im Wert von 3,4 Milliarden Euro.

Der Handel kann laut GfK mit einem Gutscheinvolumen von 1,75 Milliarden Euro rechnen. Allerdings bleiben die Dauerbrenner auch in diesem Jahr wieder Bücher, Spielwaren und Bekleidung.

Früher gab es für den Nachwuchs oft eher Nützliches wie einen Schulranzen oder einen Rechenschieber, wie GA-Leser Dieter Weiss aus Königswinter erzählt. Er freute sich an Weihnachten 1957 auch über ein selbst gebackenes Lebkuchenhaus und ein Cabriolet aus Blech.

"Eine Orange war ein Wunder", erinnert sich Ursula Vollmer. "Sie roch so anders als Äpfel, war viel saftiger und man wusste, dass sie von ganz weit weg kam." Sie wünschte sich als Kind einen Teddybären oder eine Puppe.

Heute packen Kinder im Schnitt Geschenke im Wert von 80 Euro aus. Für den Einzelhandel mit Spielwaren ist das Weihnachtsgeschäft heute am bedeutendsten: Vor Weihnachten werden in dieser Branche 28 Prozent des Jahresumsatzes erwirtschaftet.

"Ab den 70er Jahren, als es uns allen immer besser ging, degenerierte Weihnachten immer mehr zum Konsumfest", erinnert sich Weiss. "Geschenke standen im Vordergrund." Doch nicht ausschließlich gekaufte. Für seine eigenen Kinder baute er zu Weihnachten 1992 einen Kaufladen. Doch dem zunehmenden Weihnachtskonsum schließen sich längst nicht alle an: "Meine Enkelkinder bekommen nichts mehr von mir". erzählt GA-Leserin Eveline Maus.

Sie habe das eingestellt, weil sie findet, dass ihre Enkel bereits von den Eltern ausreichend beschenkt werden. Sie findet es schade, dass sich Kinder heute nicht mehr über ein Buch freuen können. "Wir haben beschlossen, lieber armen Menschen etwas zu geben."

Insgesamt liegen die Ausgaben für Geschenke laut GfK pro Kopf in diesem Jahr bei 285 Euro. Der Handelsverband Deutschland schließt aus einer Umfrage sogar, dass jeder Deutsche im Schnitt 447 Euro für Weihnachtsgeschenke ausgegeben hat.

Weihnachtsgeld

1950 erhielten Angestellte im Öffentlichen Dienst 100 DM. Dafür setzte sich damals die Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transporte und Verkehr (ÖTV) ein. Zwei Jahre später wurde die "Weihnachtszuwendung" erstmals in einem Tarifvertrag festgehalten - ebenfalls eine Errungenschaft der ÖTV.

Es folgte 1954 die IG Metall, 1971 das Bankgewerbe und 1974 die IG Druck und Papier für die Druckindustrie. Im Einzelhandel wurde Weihnachtsgeld nach Angaben von Verdi erst 1980 tariflich festgehalten. Insgesamt erhalten 54 Prozent der Angestellten in Deutschland Weihnachtsgeld, um Weihnachtsgeschenke und Braten zu finanzieren.

Nach Angaben der Hans-Böckler-Stiftung beträgt es je nach Branche zwischen 30 und 100 Prozent eines Monatseinkommens. Einen gesetzlichen Anspruch gibt es laut Verdi nicht. Die Gewerkschaften haben es in den letzten Jahrzehnten nach und nach in Tarifverträgen abgesichert.

achdem die Gewerkschaften lange dafür gekämpft hätten, müssten sie es heute oftmals wieder gegen die Kürzungspläne der Arbeitgeber verteidigen, so Verdi. Der Arbeitgeber darf das Weihnachtsgeld nicht anteilig kürzen, weil eine Mitarbeiterin in Mutterschutz ist. Eine entsprechende Klausel im Arbeitsvertrag ist unwirksam (Arbeitsgericht Köln Az.: 20 CA 10147/13).

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