Brüsseler Kommission zur Digital-Wirtschaft Ein offenes Internet für alle

BRÜSSEL · Der Online-Handel stockt. Gerade mal sieben Prozent der kleinen und mittelständischen Unternehmen bieten ihre Produkte und Dienstleistungen auch im Ausland an. Nur 15 Prozent der Verbraucher shoppen bei Anbietern in der europäischen Nachbarschaft.

Der Onlineeinkauf soll auch bei Anbietern im EU-Ausland attraktiv werden.

Der Onlineeinkauf soll auch bei Anbietern im EU-Ausland attraktiv werden.

Foto: dpa-Zentralbild

Das soll sich mit dem Gesetzespaket der Kommission nun ändern. Unser Brüsseler Korrespondent Detlef Drewes sagt, was die einzelnen Bestimmungen bewirken sollen und können.

Was bringen mir als Verbraucher die neuen Regeln für einen digitalen Binnenmarkt?

  • Besonders wichtig sind natürlich die Schutzvorschriften, die einen Einkauf bei Anbietern auch außerhalb der eigenen Grenzen attraktiv machen. Denn wenn für Reklamationen, Garantie-Leistungen und Produktservice überall die gleichen Vorschriften gelten und das Bezahlen eines Online-Geschäftes nach zertifizierten Standards erfolgt, ist das ein wirklich großer Schritt hin zu mehr Kundenfreundlichkeit auch bei Käufen im Ausland.

Geoblocking gilt als großes Hindernis. Warum eigentlich?

  • Tatsächlich gehen viele Anbieter her und leiten einen Kunden aufgrund seines Bestellortes auf eine andere Seite um. So geriet zum Beispiel Apple mit seinem Musikdienst iTunes vor Jahren in das Visier der Kommission, weil das Unternehmen innerhalb der EU-Staaten völlig unterschiedliche Preise für einen Song zum Download erhoben hatte. Solche Praktiken will Brüssel abstellen. Noch heute können übrigens Bundesbürger, die ein Abonnement des Bezahlsenders Sky haben, dieses außerhalb Deutschlands nicht nutzen.

Das Gleiche gilt doch auch für die Mediatheken von ARD und ZDF - sie sind im EU-Ausland nicht abrufbar?

  • Dabei spielt das Urheberrecht die entscheidende Rolle. Die Rechte gelten nur für Deutschland. Deshalb können die User in einigen europäischen Ländern die Funktionen der Mediatheken von öffentlich-rechtlichen Anstalten nicht oder nicht voll nutzen.

Die EU-Kommission will europäische Cloud-Dienste anstoßen. Was ist das und was bringt das?

  • Viele Nutzer legen ihre Daten nicht mehr auf einer eigenen Festplatte, sondern in Online-Speichern wie Dropbox oder Google-Drive ab, um sie von überall mit jedem Gerät nutzen zu können. Die EU-Kommission will erreichen, dass die Kunden immer Herr ihrer Daten bleiben und dass ein Umzug mit allen gespeicherten Inhalten leicht möglich ist und nichts beschädigt wird oder verloren geht.

Die Kommission ermittelt gerade gegen Google. Will man allen Ernstes einen europäischen Konkurrenten aufbauen?

  • Google wird vorgeworfen, seine eigenen Dienste sowie die von Kunden bei den Suchergebnissen zu bevorzugen und deshalb bei den Treffern weiter nach oben zu setzen. Die europäischen Standards sollen sicherstellen, dass Suchprogramme nicht Instrumente der Werbung werden, sondern zuverlässig arbeiten. Wie transparent eine Suchmaschine gegenüber den Verbrauchern ist, könnte ein Kriterium für die Zertifizierung werden. Wenn Google sich an solche europäische Standards hält, wird es keine Probleme mit dem US-Unternehmen geben.

Einige Anbieter wollen ihre Angebote gegen Aufpreis schneller transportieren - Stichwort Netzneutralität. In welche Richtung tendiert die Kommission?

  • Bei der Netzneutralität geht es darum, dass alle Daten gleich schnell weitergeleitet werden. Einige Anbieter auch in Deutschland wollen das Prinzip aufgeben und zum Beispiel Abonnenten von eigenen Diensten bevorzugen und andere User dafür ausbremsen. Das will die EU nicht mitmachen. Es soll lediglich einen Vorrang für bestimmte Daten geben - Notrufe müssen zum Beispiel immer Vorrang haben. Telemedizinische Operationen dürfen nicht unter langsamem Datenfluss leiden.

Wie geht es jetzt weiter? Wann ist mit der Umsetzung zu rechnen?

  • Die EU-Kommission will ihre Vorschläge zum 1. Januar 2017 in Kraft setzen. Das erscheint - gelinde ausgedrückt - optimistisch zu sein. Bis sich das Parlament und vor allem die Mitgliedstaaten verständigt haben, wird noch viel Zeit vergehen.
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort