Eine Werkstatt voller Geigen

Meister Alexandr Hazin aus Moldawien verleiht dem sonst eher nüchternen Gründer- und Technologiezentrum in Rheinbach einen Hauch von Romantik

  Ouvertüre:  Alexandr Hazin bearbeitet die Decke mit einem feinen Hobel.

Ouvertüre: Alexandr Hazin bearbeitet die Decke mit einem feinen Hobel.

Foto: Lannert

Rheinbach. Alexandr Hazin hat das schier Unmögliche geschafft: Er füllt das nüchterne Gründer- und Technologiezentrum mit Romantik. Zumindest 35 Quadratmeter davon, denn so groß ist die Werkstatt des Geigenbaumeisters aus Moldawien.

Darin finden Besucher Geigen und Cellos, ein üppiges Arsenal von Feilen, Hobeln, Sägen und Schraubzwingen, Instrumentenzeichnungen an den Wänden und jede Menge Gastfreundschaft. Denn wer den 31-jährigen Meister mit der Igelfrisur besucht, der wird bewirtet, so viel ist sicher. Und er wird sein kleines Reich nicht ohne einen freundlichen Blick aus blauen Augen und ein Geschenk verlassen. Und sei es eine Banane.

Wenn der Mann, an dem alles kompakt und kräftig wirkt, von seiner Arbeit erzählt, dann tut er das voller Sorgfalt und Geduld. Betont, wie wichtig es ist, aus welchem Holz eine Geige geschnitzt ist. Dass es lange liegen und möglichst trocken sein soll. Zeigt, dass die Hobel im Laufe der Arbeit immer kleiner werden, bis sie nicht größer sind als ein Daumen.

Demonstriert, dass er immer wieder per Klopfen überprüft, wie das Holz seinen Klang verändert. Aber so richtig in Schwung kommt der diplomierte Musiker Alexandr Hazin, wenn er von Antonio Stradivari berichtet, dem Begründer der Schule von Cremona, nach der auch er ausgebildet wurde. In 80 Jahren habe der große Meister 1 000 Instrumente gebaut. "Da muss ich noch viel arbeiten", sagt Hazin und lächelt.

Er, Hazin, hat bislang 50 Geigen gebaut, war aber - wie der italienische Geigenbaumeister - früh berufen. Mit 13 habe er einen Film über Stradivari gesehen, der ihn tief beeindruckt habe. Als er dann seine Geige kaputt gemacht habe, war er von der Kunstfertigkeit des Meisters, der sie reparierte, begeistert. Seine Mutter sei Pianistin gewesen, sein Vater Holzschnitzer: "Das alles hat sich in meinem Blut gemischt." Außerdem: "Auch ohne mich gibt es genug Musiker, aber mit mir vielleicht bessere Geigen."

Von Hazins Können profitieren unter anderem die Musiker der Staatlich Rheinischen Philharmonie in Koblenz, zu denen auch Hazins Frau gehört; sie ist Geigerin. Der nach eigenen Worten einzige Geigenbauer zwischen Bonn und Euskirchen fertigt Auftragsarbeiten, repariert und restauriert aber auch.

Kürzlich hatte er ein Instrument auf dem Tisch, das ein Onkel des Lehrers von Stradivari gebaut habe. Bei anderen Stücken, die es zum Preis ab 5 000 Euro gibt, lässt er sich Kinnhalter, Saitenhalter, Wirbel und Griffbrett liefern, ebenso den Steg. Bei diesem Exemplar nicht. "Für diese Geige säge ich selbst."

Zwei Tendenzen hat Hazin, der für den Korpus grundsätzlich keine Halbfabrikationen verwendet, ausgemacht. "Eine Geige muss klingen wie Stradivari und kosten wie Fabrikware" - das sei, so bedauert der Rheinbacher mit dem moldawischen Akzent, weit verbreitete Meinung. Beliebt seien derzeit Geigen, die zwar neu sind, aber alt aussehen.

Hazin fertigt sie nach dem Vorbild von Modellen, kopiert jeden Kratzer im Lack und sogar die Abnutzungserscheinungen, die eine Hand im Laufe der Jahre am Instrumentenhals hinterlässt. Die Qualität eines Geigenbaumeisters erkenne man an der Schnecke, am F-Loch und am Einlegespann, zählt Alexandr Hazin auf.

Und was ist beim Geigenbau der schwierigste Teil? Hazin lacht. "Die Geige zu verkaufen."

Geigenbauatelier "Maestro", Alexandr Hazin, Marie-Curie-Straße 5, 53359 Rheinbach, (0 22 26) 87 20 50, alexhazin@hotmail.com

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