Stimmung bei der Wirtschaft in der Region trübt sich ein Einzelhandel unter Druck

BONN · In der Region schwächt sich das Wirtschaftswachstum branchenübergreifend deutlich ab. Unternehmen in der Region Bonn/Rhein-Sieg schätzen ihre Lage wesentlich schlechter ein als noch im Mai dieses Jahres. Das zeigt der Wirtschaftslagebericht zum Herbst 2014, den die Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg gestern vorgestellt hat.

Im Einzelhandel ist die Stimmung sogar auf einem langjährigen Tiefpunkt. Die Branche unterschreitet mit einem Stand des Konjunkturklimaindexes von 91,1 Punkten als einzige in der Region die kritische Marke von 100 Punkten, unterhalb derer der Pessimismus überwiegt. Nur noch 14,3 Prozent der Einzelhändler bezeichnen ihre Lage aktuell als gut. Im Frühsommer waren es noch 40 Prozent. "Diese negative Lagebeurteilung korrespondiert in vielen Fällen mit der Entwicklung der Umsätze", erklärt IHK-Hauptgeschäftsführer Hubertus Hille. Das Abflauen der WM-Euphorie und die Verunsicherung durch internationale Konflikte beeinflussten die Konsumlaune. Umsatzverluste befürchteten die Händler aber auch durch die Eröffnung des Factory-Outlets in Bad Münstereifel. Außerdem setzten Baustellen und fehlende Parkplätze in Innenstädten sowie der zunehmende Internethandel der Branche zu.

Weiterhin recht zufrieden ist dagegen der Großhandel. Neun von zehn Unternehmen schätzen die aktuelle Lage als gut oder befriedigend ein. Doch nur jedes sechste Unternehmen rechnet mit einer zukünftigen Verbesserung der Geschäftslage.

Mehr als die Hälfte der Dienstleister in der Region bewertet die aktuelle Lage als gut - der erneut höchste Wert im Branchenvergleich. Der Geschäftsklimaindex geht hier leicht zurück, liegt mit 133 Punkten aber noch immer auf einem sehr hohen Niveau. Diese Branche spüre allerdings den Fachkräftemangel.

Auch in der Industrie geht der Geschäftsklimaindex zurück, und zwar auf 117,5 Punkte. Hier bereiten vor allem die Exporte Sorgen. Aus dem Ausland kommen deutlich weniger Aufträge herein. Im Gastgewerbe, also bei Hotels und Gaststätten, liegt der Geschäftsklimaindex mit 105,6 Punkten auf dem Niveau des Frühsommers. Die Gastronomie schneidet laut IHK im Vergleich zum Beherbergungsgewerbe deutlich besser ab. Probleme bereiten hier die Energie- und Arbeitskosten sowie ein Fachkräftemangel. Letzterer aber offenbar auch deshalb, weil die Löhne in der Branche teils sehr niedrig sind.

Der Geschäftsklimaindex für das Verkehrs- und Logistikgewerbe verzeichnet einen leichten Rückgang auf 105,9 Punkte. Dieser Wert wird gestützt von den sehr guten Einschätzungen der aktuellen Geschäftslage. Wesentlich schlechter sind die Erwartungen an die Geschäftsentwicklung in den kommenden Monaten: 22 Prozent der Verkehrs- und Logistikunternehmen gehen von einem Rückgang der Geschäfte aus. Die Entwicklung der Arbeitskosten macht den Unternehmen mehr und mehr Sorgen. Im Taxigewerbe spielt hier der flächendeckende gesetzliche Mindestlohn eine entscheidende Rolle.

Die Vertreter der IHK Bonn/Rhein-Sieg forderten mehr Investitionen in öffentliche Infrastruktur, vor allem Straßen. Die Bundesregierung gebe Milliarden für Wahlgeschenke wie Mütterrente und Elterngeld aus und damit an falscher Stelle, kritisierte IHK-Präsident Wolfgang Grießl: "Brücken wählen nun mal nicht."

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