Eiszeit zwischen Bonner Telekom und Gewerkschaft

Kräftemessen der Verhandlungspartner geht weiter: Ver.di lehnt neue Vorschläge der Konzernspitze zu Arbeitszeitverlängerung und Gehaltskürzungen ab

Eiszeit zwischen Bonner Telekom und Gewerkschaft
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Bonn. Es geht um 50 000 Arbeitsplätze, es geht um viel Geld, und es geht wohl auch ums Prinzip. Selbst nach vier Verhandlungsrunden sind sich die Telekom und die Gewerkschaft Ver.di im Streit um die Auslagerung der Dienstleistungssparte T-Service kaum näher gekommen.

Bis Mitternacht hätten Arbeitnehmer und Arbeitgeber am Montag diskutiert, sagte Ver.di-Bundesvorstand Lothar Schröder. Das Ergebnis präsentierten beide Parteien am Dienstag in Bonn: Jeder beharrt mehr oder weniger auf seinem Standpunkt - Ende der Auseinandersetzung offen.

Dabei drängt die Zeit. Schon zum 1. Juli will die Telekom für 50 000 ihrer Beschäftigten eine neue Gesellschaft gründen: die T-Service. Zwar bleiben die Dienstleister unter dem Dach des Bonner Mutterkonzerns, allerdings bei schlechterer Bezahlung und längerer Arbeitszeit.

Ein endgültiges Scheitern der Verhandlungen mit Ver.di über die Details werde die Telekom nicht von ihren Plänen abbringen, drohte Eick am Dienstag. In diesem Fall könne er auch einen Teilverkauf der Servicegesellschaft nicht ausschließen.

Zwischen 600 und 900 Millionen Euro will die Telekom durch den Konzernumbau einsparen. Den Beschäftigten bietet sie in einem Kompromissvorschlag im Gegenzug zu den Einbußen unter anderem einen Kündigungsschutz bis ins Jahr 2010 und eine Garantie an, dass die Sparte nicht verkauft werde. "Völlig inakzeptabel" nennt Gewerkschafter Schröder die Vorschläge.

Zimperlich geht keiner der Verhandlungspartner mit den Argumenten um, die den eigenen Standpunkt stärken sollen. Etwa wenn es darum geht, wieviel weniger ein Telekom-Mitarbeiter verdienen würde. Fast 40 Prozent minus - sagt die Gewerkschaft. Zwölf Prozent weniger - sagt die Telekom.

Je nachdem, ob die verlängerte Arbeitszeit in den Stundenlohn eingerechnet wird. "Eine katastrophale Zumutung für die Beschäftigten", wetterte Ver.di-Mann Schröder am Dienstag. Bei der Telekom hört sich alles ganz anders an: Sie will ihre "Mitarbeiter gleitend in die Reduzierung überführen". Klartext: Die Beschäftigten sollen für ihre Arbeit immer weniger Geld bekommen.

Neben der Bezahlung ist die längere Arbeitszeit ein Kernpunkt im Zwist um den Telekom-Umbau. Brauchten die Service-Mitarbeiter bisher nur 34 Stunden die Woche Dienst zu tun, sollen sie künftig - so die Telekom - "mindestens 38 Stunden" im Einsatz sein.

Weitere 100 Stunden im Jahr erwartet der Bonner Konzern von seinen Mitarbeitern bei T-Service als "Budget für Arbeitsspitzen". Die Folgen einer solchen Regelung beurteilen beide Parteien grundverschieden: Während die Gewerkschaft fürchtet, die längeren Arbeitszeiten machten andere Stellen im Konzern überflüssig, wertet Telekom-Vorstand Eick die Überstunden als eine Art Jobsicherungsprogramm. "So können wir derzeit ausgelagerte Tätigkeiten wieder in das Unternehmen zurückholen."

Nicht nur offizielle Arbeitszeitverlängerungen könnten den Feierabend bei T-Service hinauszögern. Laut Ver.di plant die Telekom außerdem, das Ein- und Ausloggen der Computer etwa bei den Callcenter-Beschäftigten zu deren Freizeit zu erklären. Die Arbeitszeit läuft erst, wenn der PC funktioniert. "Und das kann dauern", sagt Schröder in Anspielung auf Software-Probleme im Bonner Konzern.

Dass eine Einigung trotz aller Differenzen noch möglich ist, zeigen nur Details am Rande des Kräftemessens. So betont Telekom-Vorstand Eick, er sei "jederzeit zu neuen Verhandlungen bereit". Ver.di signalisiert währenddessen, die Gewerkschaft werde eventuell bei der vom Konzern geforderten Einführung variabler Gehaltsbestandteile einlenken. Die fünfte Verhandlungsrunde steht noch aus.

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