"Schwarzbuch Telekom" Eselskappen bei schwacher Leistung
Bonn · Eine Gewerkschaft legt das "Schwarzbuch Telekom" vor und fordert bessere Arbeitsbedingungen bei Töchtern im Ausland. Seit Jahren stehen Tochterunternehmen oder Beteiligungen der Deutschen Telekom AG in der Kritik, im Ausland mit zum Teil rüden Methoden unter anderem gewerkschaftliche Aktivitäten zu be- oder verhindern, gegen internationale Arbeitsrechtsnormen und selbstgesetzte Verpflichtungen zu verstoßen.
Der Vorwurf der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ist nicht neu, dennoch legte Verdi gestern in Bonn ein "Schwarzbuch Telekom - Verstöße gegen Vereinigungsfreiheit, Menschenrechte und Arbeitsrecht im Ausland" vor.
Der Zeitpunkt der Veröffentlichung ist kein Zufall: Mit dem Jahreswechsel wird Timotheus Höttges als Nachfolger von René Obermann Vorstandschef der Deutschen Telekom. Verdi-Bundesvorstand Lothar Schröder, zugleich stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Telekom, appellierte gestern gemeinsam mit Larry Cohen von der US-Gewerkschaft CWA sowie Alan Tate von der UNI Global Union an Höttges, die Gelegenheit zu nutzen, den Beschäftigten im Ausland mit Respekt zu begegnen, Neutralität gegenüber gewerkschaftlichen Aktivitäten zu wahren und die bisherige "Lücke zwischen Reden und Handeln zu schließen".
Konkret werfen die Gewerkschafter der Telekom nach einer Befragung im Frühjahr 2013 von mehr als 1800 Mitarbeitern in Tochtergesellschaften in sieben Ländern außerhalb Deutschlands vor, Mitarbeiter unter anderem zu diskriminieren, sie erhöhtem Stress mit Gesundheitsfolgen auszusetzen und Beurteilungssysteme eher zu disziplinarischen Zwecken zu nutzen als zur Feststellung der Leistung.
Diese Willkür durch Vorgesetzte, aber auch antigewerkschaftliches Verhalten, unsichere Arbeit sowie Aggression, Mobbing und stressbedingte Krankheiten sind die Hauptkritikpunkte. So sollen in einem Call-Center in den USA T-Mobile-Beschäftigte gezwungen worden sein, Eselskappen aufzusetzen und in der Ecke zu sitzen, wenn sie ihre Ziele nicht erreichten. In einem anderen US-Call-Center soll einer schwangeren Mitarbeiterin die Toilettenpause verboten worden sein.
Für Lothar Schröder klafft eine "Riesenlücke" zwischen dem Sozialverantwortungsreport der Telekom und der tatsächlichen Praxis. Ziel sei, die Arbeitsbedingungen nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen Ländern zu verbessern. Dabei führt er das Beispiel Volkswagen an. Der Autokonzern bemühe sich "beispielhaft", in den USA Beteiligungen mit und nicht gegen die Gewerkschaften aufzubauen. Nach Angaben von Alan Tate gibt es durchaus auch einen vielversprechenden Dialog der Gewerkschaften mit der Deutschen Post - die Deutsche Telekom habe dies dagegen abgelehnt.
Die Telekom wies die Vorwürfe gestern auf Anfrage entschieden zurück: Der Konzern verfüge seit zehn Jahren über eine Sozialcharta, in der unter anderem das "Recht auf Kollektiv-Verhandlungen im Rahmen der nationalen Gesetzgebung" verankert ist.
In den USA etwa sehe der Gesetzgeber vor, dass eine Gewerkschaft ein mehrstufiges Anerkennungsverfahren durchlaufen müsse, bevor sie für die Mitarbeiter mit dem Arbeitgeber verhandeln könne. "An den Standorten, an denen die CWA sich als Vertreter der Mitarbeiter in diesem Verfahren erfolgreich legitimiert hat, ist sie selbstverständlich unser Ansprechpartner. Dies ist derzeit an zwei Standorten der Fall", teilte die Telekom mit.
An einer aktuellen anonymen Mitarbeiter-Befragung der Telekom vom Herbst dieses Jahres hätten sich den Angaben zufolge außerdem rund 126.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beteiligt. Ergebnis: Mehr als 70 Prozent der Befragten seien mit der Telekom als Arbeitgeber "sehr zufrieden", ebenfalls fast 70 Prozent der Befragten würden die Telekom als Arbeitgeber weiterempfehlen.
"Zwei Drittel der Befragten sind hoch zufrieden mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Da nehmen wir eine Vorreiter-Rolle ein", resümiert die Telekom. Das gelte auch für die USA: 85 Prozent der Mitarbeiter seien stolz darauf, für das Unternehmen zu arbeiten.