VW-Gesetz EU-Kommission gibt sich geschlagen

BRÜSSEL · Deutschland hat sich im jahrelangen Rechtsstreit mit der Brüsseler EU-Kommission um die Zulässigkeit des VW-Gesetzes durchgesetzt.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) wies gestern eine Klage der Kommission ab, die in den Sonderrechten zugunsten des Landes Niedersachsen eine Verletzung des freien Kapitalverkehrs im EU-Binnenmarkt sieht. Die Kommission signalisierte, dass sie nunmehr keine weiteren rechtlichen Schritte plant. "Die Sache ist erledigt."

Das Urteil der 15 Luxemburger Richter repräsentiert damit einen Sieg auf ganzer Linie für die Bundesrepublik als Beklagte, für das Land Niedersachsen, um dessen Einfluss bei VW es geht, und für den Autobauer selbst. Formal entschied das Gericht in dem "Vollstreckungsverfahren" lediglich, ob Deutschland die Vorgaben eines ersten Urteils aus dem Jahr 2007 vollständig umgesetzt habe. Die Kommission hatte das bestritten: Nur zwei der drei seinerzeit beanstandeten Punkte seien in der Neufassung des VW-Gesetzes korrigiert worden. Das Gericht stellt jetzt fest, die Bundesrepublik sei "ihren Verpflichtungen fristgemäß nachgekommen".

Nach der Sonderregelung des VW-Gesetzes haben Aktionäre in dem Wolfsburger Konzern bereits eine Sperrminorität, wenn sie - wie das Land Niedersachsen - 20 Prozent der Anteile halten. Das deutsche Aktiengesetz verlangt hingegen mindestens 25 Prozent. Die Sonderregelung hatte der EuGH seinerzeit indes nur "in Verbindung mit" einer Begrenzung für das Stimmrecht einzelner Aktionäre auf 20 Prozent beanstandet. Weil letztere im Zuge der Novellierung beseitigt wurde, seien beide Punkte erledigt, erklärte der Gerichtshof jetzt. Er folgte damit dem Gutachten seines Generalanwalts und der Argumentation der deutschen Seite.

Der zuständige Brüsseler Binnenmarkt-Kommissar Michel Barnier erklärte prompt, er akzeptiere das Urteil, obwohl die Kommission eine andere Rechtsauffassung habe. "Eine Klärung war im Interesse aller Beteiligten nötig", sagte Barniers Sprecherin. Das Urteil beende eine langwierige Auseinandersetzung.

Das VW-Gesetz

Seit mehr als 50 Jahren sichert das VW-Gesetz dem Bund und dem Land Niedersachsen einen einflussreichen Sonderstatus bei dem Autobauer - und sorgt damit immer wieder für Streit. Das Gesetz trat 1960 in Kraft, als die Volkswagenwerk GmbH zur AG wurde, und räumte dem Staat Vorrechte ein, um VW vor einer feindlichen Übernahme zu schützen. Die Wurzeln dieser Extra-Regelung reichen bis zur Machtübernahme durch die Nationalsozialisten zurück, da Volkswagen mit enteignetem Gewerkschaftsvermögen entstand.

Auf Druck aus Brüssel fielen inzwischen zwar einige Sonderrechte. Doch immer noch gibt das Gesetz dem Land Niedersachsen mit einem Anteil von 20 Prozent an VW eine starke Stellung. Zentrale Entscheidungen der Hauptversammlung, für die normalerweise drei Viertel der Aktionärsstimmen ausreichen, benötigen bei VW mehr als 80 Prozent Ja-Stimmen. Die Landesregierung hat daher ein Vetorecht.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Viel Potenzial bei Ungelernten
Kommentar zur Arbeitslosenquote Viel Potenzial bei Ungelernten
Zum Thema
Aus dem Ressort