Suche nach neuem Eigentümer Chemiekonzern Evonik will Standort in Niederkassel verkaufen

Update | Niederkassel · Der Chemiekonzern Evonik will seinen Standort in Niederkassel-Lülsdorf verkaufen. 600 Mitarbeiter beschäftigt der Konzern dort bislang. Wie es für sie weitergeht, ist noch unklar.

 Der Chemiekonzern Evonik will seinen Standort in Lülsdorf aufgeben. (Archivfoto)

Der Chemiekonzern Evonik will seinen Standort in Lülsdorf aufgeben. (Archivfoto)

Foto: Evonik

Der Chemiekonzern Evonik will sein Werk in Niederkassel-Lülsdorf verkaufen. „Evonik möchte sich vom gesamten Standort Lülsdorf trennen“, heißt es in einer Stellungnahme vom Standortleiter Arndt Selbach. Laut Pressemitteilung möchte das Unternehmen bis zum Frühjahr 2022 Maßnahmen einleiten, um das Werk an einen neuen Investor zu übergeben. Wie es mit den nach eigenen Angaben knapp 600 Mitarbeitern weitergeht, ist noch unklar. „Ziel ist es, einen Partner zu finden, der langfristig in den Standort Lülsdorf mit seinen Betrieben investiert und den rund 600 Mitarbeitern bestmögliche Perspektiven für die Zukunft bietet“, sagte ein Sprecher auf Anfrage des GA.

Evonik begründet die Entscheidung des Verkaufs mit einer Auflage der EU, die die sogenannte Alkoholate-­Produktion einschränkt. Alkoholate, die unter anderem für die Produktion von Biodiesel benötigt werden, stellt das Unternehmen in Lülsdorf mittels einer Amalgam-Elektrolyse her. Bei diesem Verfahren sind laut Umweltbundesamt die eingesetzten Quecksilbermengen von besonderer Bedeutung. Das Schwermetall werde aus den Amalgam-Anlagen in geringen Mengen in die Luft und ins Abwasser emittiert.

Das Verfahren läuft Ende 2027 aus

Um die Emissionen des für Menschen giftigen Quecksilbers einzudämmen, beschlossen 2013 über 90 Staaten die sogenannte Minamata-­Konvention. Im Rahmen dieses Übereinkommens entschied die EU in einer Verordnung über Quecksilber, die Amalgam-Elektrolyse einzustellen. Nur noch bis Ende 2027 darf dieses Verfahren in der Europäischen Union eingesetzt werden. „Vor diesem Hintergrund des regulatorisch verordneten Auslaufens der Alkoholate-Produktion in Lülsdorf hat sich der Konzern zu diesem Schritt entschlossen, um den Beschäftigten frühzeitig Perspektiven zu schaffen“, heißt es in der Pressemitteilung von Evonik. Das Wohl der Mitarbeiter stehe bei der Umstrukturierung im Mittelpunkt, so Standortleiter Selbach. Lülsdorf habe sich als Chemiestandort bewährt. An einer erfolgreichen Suche nach einem Nachfolger zweifle er deshalb nicht. Bei den bisherigen Marktsondier­ungen hätten laut Evonik bereits mehrere potenzielle Investoren Interesse an dem Standort bekundet. „Unser Ziel ist es, bis 2022 die Pläne zu konkretisieren und Klarheit zu haben“, teilte ein Sprecher auf Anfrage des GA mit. Der Betrieb des Standorts sei jedoch auf Jahre hinaus gesichert, da das Verfahren der Amalgam-­Elektrolyse erst Ende 2027 auslaufen wird.

„Die Weiterentwicklung des Standorts über diesen Zeitpunkt hinaus ist kapitalintensiv und kann vom Standort nicht aus eigenen Mitteln finanziert werden. Evonik konzentriert seine Investitionsmittel seit Jahren schon auf Produkte der Spezialchemie, Lülsdorf ist ein starker Standort für Basischemie“, so ein Sprecher. Eine alternative Herstellungsmethode für Alkoholate lasse sich am Standort Lülsdorf nicht wirtschaftlich darstellen.

Gewerkschaft und Betriebsrat streiten für die Weiterbeschäftigung

Der SPD-Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende der SPD Rhein-Sieg Sebastian Hartmann bekundete in einer Mitteilung Solidarität mit den Beschäftigten: „Es ist vor allem eine bittere Nachricht für Hunderte Beschäftigte und ihre Familien, die sich nun um ihre Zukunft sorgen.“ Hartmann werde für die Weiterbeschäftigung der Angestellten und für Sozialpläne mit Gewerkschaft und Betriebsrat streiten. Dies unterstrich auch Denis Waldästl, Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion Rhein-Sieg. Wichtig sei es nun, einen neuen Eigentümer zu finden. „Der Verlust von Arbeitsplätzen sowie ausbleibende Gewerbesteuereinnahmen in Millionenhöhe für Niederkassel werden sich ansonsten stark bemerkbar machen.“

Waldästl ließ in seiner Mitteilung durchblicken, dass es schon seit längerer Zeit Diskussionen um den Standort Lülsdorf gebe: Bereits im Mai dieses Jahres habe die SPD einen Antrag in den Kreistag eingebracht, mit dem Ziel, den Industriestandort Niederkassel langfristig zu sichern. „Es ist für mich ein trauriger Moment, das jetzt zur Realität wird, was viele befürchtet haben – Evonik nimmt Abstand vom Standort Niederkassel“, so Waldästl.

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