Experten stützen Flughafen-Anwohner

Besserer Lärmschutz für deutsche Airports angemahnt. "Flugrouten-Abweichung in Köln/Bonn kein so großes Thema"

Von Sascha Meyer und Julian Stech

BERLIN/KÖLN/BONN. Gegen belastendes Dröhnen über ihren Dächern machen Flughafenanwohner quer durch die Republik mobil. Am größten deutschen Airport in Frankfurt kämpfen Initiativen für eine längere Nachtruhe. Ebenso in Köln/Bonn. Und in Berlin und dem Umland schwelt Ärger über die künftigen Start- und Lande-routen, die eines Tages für den Hauptstadtflughafen gelten sollen. Dabei geht es auch darum, wie gut Umweltfolgen und Anwohnerinteressen bei Planungen berücksichtigt werden - viel zu wenig, monieren jetzt Berater der Bundesregierung.

l Was beanstanden die Experten?

Als problematisch gilt, dass Flugrouten im Genehmigungsverfahren für ein Bauprojekt nur grob skizziert werden müssen. Über welche Orte die Jets genau hinwegfliegen, kann bis kurz vor dem Betriebsstart noch geändert werden. "Damit sind aber auch Menschen vom Fluglärm betroffen, die davon vorab nichts wussten und sich daher auch nicht an den Planungen beteiligen konnten", analysiert der Sachverständigenrat für Umweltfragen. Sie empfehlen daher, wie für den eigentlichen Bau auch für die Routen eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorzuschreiben. Denn damit ist immer eine Beteiligung der Öffentlichkeit verbunden.

l Wo liegen Kritikpunkte in der Praxis?

Misslich finden die Experten auch, dass Maschinen an vielen Airports von vorgeschriebenen Startrouten abweichen, um aus wirtschaftlichen Gründen schneller in Richtung ihres Ziels abdrehen zu können. Ab etwa 1500 Metern Flughöhe können Piloten dafür Freigaben der Fluglotsen beantragen. Allerdings bürgerten sich dadurch alternative "faktische" Routen ein, die Lärm neu verteilen. Deshalb sollte rechtlich verankert werden, dass solche Abweichungen etwa nur aus Sicherheits- oder Wettergründen überhaupt möglich sind.

l Was schlagen die Experten noch vor?

Der Bund müsse die Flughafenplanung stärker in die Hand nehmen, raten die Sachverständigen. So wäre Lärm auch regional gerechter zu verteilen. Ins Luftverkehrsrecht gehörten Grenzwerte für Fluglärm hinein. Gewährleistet bleiben solle ein Flugverbot in der gesamten Nacht von 22.00 bis 6.00 Uhr. Dass "Randstunden" von 22.00 bis 23.00 Uhr oder von 5.00 bis 6.00 Uhr mit möglichem Flugbetrieb bestimmt werden, müsse "besonders rechtfertigungsbedürftige Ausnahme" bleiben.

l Was plant die Bundesregierung?

Umwelt- und Verkehrsministerium wollen die Empfehlungen nun prüfen. Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD vereinbart, transparente Verfahren und eine frühe Informationen der Bürger bei Flugrouten sicherstellen zu wollen. In der Regierung gibt es erste Überlegungen, die Regeln für künftige Planfeststellungsverfahren zu konkretisieren. Endgültig festgelegt werden sollen Flugrouten aber weiterhin erst kurz vor Inbetriebnahme neuer Flughäfen.

l Was bedeutet das Gutachten für Köln/Bonn?

Der Flughafen wollte gestern keine Stellungnahme zu dem Gutachten abgeben. "Für uns ist das alles neu. Das müssen wir erst einmal in Ruhe prüfen", sagte ein Sprecher. Nach Angaben von Helmut Breidenbach, Vorsitzender der Lärmschutzgemeinschaft am Flughafen, werden die offiziellen Flugrouten in Köln/Bonn anders als etwa in Berlin-Tegel auch weitgehend eingehalten. Allerdings äußert sich das Gutachten kritisch darüber, dass der Nachtflugerlaubnis in Köln/Bonn "niemals eine Abwägung der betroffenen Belange nach dem heutigen Verständnis zugrunde lag." Das beanstandet auch die Lärmschutzgemeinschaft. dpa/ga

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort