Ehemaliger Troisdorfer Energieversorger Fehlstart für Teldafax-Prozess in Bonn

TROISDORF/BONN · Geplatzt ist am Freitag vor dem Bonner Landgericht der Prozess um die Pleite des ehemaligen Troisdorfer Energiekonzerns Teldafax: Am zweiten Verhandlungstag gaben die Richter der Hilfswirtschaftsstrafkammer der von zwei der drei Angeklagten gestellten Besetzungsrüge statt - das Verfahren wurde ausgesetzt.

Die drei angeklagten Vorstandsmitglieder Michael Joisten (60), Klaus Bath (49) und Gernot Koch (51) sollten sich wegen Insolvenzverschleppung, gewerbsmäßigen Betruges in 241 Fällen und Bankrotts in vier Fällen vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass das Unternehmen spätestens ab Mitte 2009 zahlungsunfähig und überschuldet war. Der Insolvenzantrag wurde jedoch erst am 14. Juni 2011 gestellt.

Dies hatte zur Folge, dass eine Vielzahl von Kunden, die Vorkasse geleistet hatten, geschädigt wurde. Aus prozessökonomischen Gründen hat die Staatsanwaltschaft nicht alle Fälle von potenziell betroffenen Kunden angeklagt. Allein der angeklagte Schaden beläuft sich auf 185 000 Euro, der tatsächliche Schaden dürfte viel höher sein.

Entscheidend für die letztlich erfolgreiche Besetzungsrüge ist die derzeitige Überlastung der regulären Wirtschaftsstrafkammer des Bonner Landgerichts. Diese ist vor allem mit dem ersten, bereits abgeschlossenen, und zwei noch anstehenden Prozessen rund um den Bau des Bonner World Conference Centers (WCCB) beschäftigt.

Daher wurde vom Präsidium des Gerichts bereits 2012 zur Entlastung erstmals eine Hilfswirtschaftsstrafkammer eingerichtet. Im Juni 2013 wurde sie vom Präsidium erneut eingesetzt, da eine "vorübergehende", allerdings keine "dauerhafte" Belastung gesehen wurde.

Dies beurteilten die Verteidiger zum Teil anders und rügten daher am ersten Verhandlungstag die Besetzung. Die Überlastung der regulären Wirtschaftsstrafkammer aufgrund der großen Verfahren rund ums WCCB sei erkennbar dauerhaft. Daher war die Einrichtung einer Hilfsstrafkammer in den Augen der Anwälte nicht rechtmäßig.

Dieser Ansicht schlossen sich die Richter nun an. Aufgrund der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs hätten die rechtlichen Voraussetzungen für die Einrichtung einer Hilfsstrafkammer im Juni 2013 nicht vorgelegen. Die Richter befürchten, dass der Bundesgerichtshof ein etwaiges Urteil aufheben würde, wenn weiter verhandelt worden wäre.

Wie ein Gerichtssprecher mitteilte, will das Präsidium "nach dieser überraschenden Entscheidung zeitnah darüber beraten, auf welche Weise ein möglichst baldiger Neubeginn der Verhandlung sichergestellt werden kann". Es ist davon auszugehen, dass entweder eine reguläre zweite Wirtschaftsstrafkammer eingerichtet werden muss oder die Aufgaben der Wirtschaftsstrafkammer auf die bestehenden anderen regulären Strafkammern übertragen werden. Wann der Prozess erneut beginnen werde, könne derzeit nicht gesagt werden, so der Gerichtssprecher.

Für Andreas Kerkhof, einen der Anwälte des Angeklagten Michael Joisten, drängt sich aufgrund der Belastung und der Unterbesetzung im Justizapparat die Frage auf: "Was ist uns unser Rechtsstaat wert?" Er wundere sich darüber, "was sich Staatsanwälte und Richter seit 20 Jahren gefallen lassen". Unter den daraus resultierenden langen Verfahrensdauern leiden seiner Meinung nach vor allem die Angeklagten.

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