Handwerker feiern in der Stadthalle Flammendes Plädoyer für die Meisterkultur

BONN/REGION · Für die klaren Worte zur Situation des Handwerks in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis ist traditionell Thomas Radermacher zuständig. Mit seiner Kritik an den Plänen der EU zur Erleichterung des Einstiegs in Handwerksberufe traf der Kreishandwerksmeister bei der Alte- Meister-Feier in der Godesberger Stadthalle den Nerv der Anwesenden.

 Mit dem goldenen Meisterbrief wurden 30 Altmeister ausgezeichnet.

Mit dem goldenen Meisterbrief wurden 30 Altmeister ausgezeichnet.

Foto: Alfred Schmelzeisen

Ja, die Anforderungen an die Auszubildenden seien in Deutschland hoch - aber der Kampf gegen den Fachkräftemangel dürfe nicht auf Kosten der Qualität der Ausbildung geführt werden, sagte Radermacher. Die EU will staatenübergreifend die Kriterien für den Einstieg in Handwerks- und andere Berufe vereinfachen. Lange Ausbildungszeiten und andere "Hürden", etwa die Meisterprüfung, würden die Entscheidung für diese Berufswahl negativ beeinflussen. Die Meisterkultur sei aber "kein wirtschaftlicher Hemmschuh".

Radermacher forderte den frisch gewählten neuen Präsidenten des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, Hans-Peter Wollseifer, auf, sich bei der Bundesregierung dafür einzusetzen, dass dieses deutsche Qualitätsmerkmal nicht einer EU-weiten Vereinheitlichung zum Opfer fällt. Wollseifer war bei der Feier am Samstagabend anwesend.

In den vergangenen 20 Jahren habe es große Veränderungen im Handwerk gegeben, sagte Alois Blum, geschäftsführender Vorsitzender der Alte-Meister-Stiftung. "Natürlich sind traditionelle Handwerke nicht mehr so oft gefragt." Etwa das des Schuhmachers.

Dafür habe die Zahl der Haustechnik- und Sanitärbetriebe zugenommen. Einige Berufe seien zusammengefasst worden, zum Beispiel die des Gas-Wasser-Bauers und des Zentralheizungs-Belüftungs-Bauers zum Anlagemechaniker.

Neben technischen Anforderungen sei auch soziale Kompetenz immer mehr gefragt: im Umgang mit Kunden, bei Reklamationen und dergleichen. Handwerk bedeute nicht mehr nur Handarbeit. "Wir brauchen auch Leute, die den Kopf dabei benutzen", sagte Blum.

Fleiß, Ausdauer, Disziplin - das seien die Elemente, die das Handwerk zu einer der tragenden Säulen des deutschen Wirtschaftssystems machten, lobte Bürgermeister Horst Naaß. "Sie haben mitgeholfen, dass die Region weiter wächst", sagte er zu den Anwesenden. Rund 340 Altmeister waren in die Stadthalle gekommen.

Um die geht es der Stiftung: Der 1956 gegründete gemeinnützige Verein unterstützt Handwerksmeister aus Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis, die das 70. Lebensjahr vollendet haben und in Not geraten oder bedürftig sind. Dafür ist man auf Spenden angewiesen, für die der Vorsitzende Günter Wintrich allen Sponsoren dankte.

Er moderierte die Veranstaltung, bei der es neben Kaffee, Kuchen und Ansprachen auch Ehrungen gab. 30 Gäste, die vor 50 Jahren ihre Meisterprüfung abgelegt hatten, erhielten Goldene Meisterbriefe.

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