Stellenabbau in Fahrzeugentwicklung Personeller Kahlschlag bei Ford in Köln

Köln · In der Fahrzeugentwicklung bei Ford in Köln gibt es wohl einen massiven Stellenabbau. Der Betriebsrat geht vom Verlust von bis zu 2500 Arbeitsplätzen aus.

 Bei Ford in Köln sollen viele Stellen gestrichen werden.

Bei Ford in Köln sollen viele Stellen gestrichen werden.

Foto: dpa/Oliver Berg

So viel Interesse an einer Betriebsversammlung bei den Kölner Ford-Werken hat es schon länger nicht mehr gegeben. In der überfüllten W-Halle drängten sich schon am Morgen in der ersten von zwei geplanten außerordentlichen Versammlungen etwa 5000-Mitarbeitende, die wissen wollten, wie es mit dem Werk weitergeht. Bereits seit ein paar Wochen wabern Gerüchte über einen anstehenden Stellenabbau umher. „Das hat massive Ängste ausgelöst, die Belegschaft ist extrem verunsichert“, sagte Betriebsratschef Benjamin Gruschka.

Beruhigen konnte er die Mitarbeitenden kaum. Vielmehr musste er sagen, dass es einen massiven Stellenabbau im Entwicklungszentrum des Konzerns in Köln-Merkenich geben soll. „Bis zu 2500 Stellen könnten im Entwicklungszentrum gestrichen werden“, so Gruschka. Dort wurden bisher mit 3800 Mitarbeitenden die Klein- und Kompakt-Pkw des Konzerns entwickelt. In diesem Segment kommen in Zukunft aber deutlich weniger Modelle auf den Markt. Die Vans B-Max und C-Max sind schon Geschichte, der Mittelklassewagen Mondeo ist eingestellt, im Frühjahr endet die Fertigung der Vans S-Max und Galaxy. „Von einst 14 Modellen bleiben nur eine Handvoll übrig“, so Gruschka.

Weniger Modelle bedeuten weniger Entwicklungsaufwand

Das sind etwa die zwei E-Autos, die in Köln auf Basis einer VW-Plattform gefertigt werden. Die Arbeiten dafür sollten weitgehend abgeschlossen sein, wird das erste dieser Modelle doch noch in diesem Jahr gebaut, wenn der Fiesta im Sommer eingestellt ist. Das zweite Modell folgt im kommenden Jahr. Dann kommt auch ein batterie-elektrischer Puma auf den Markt, der in Rumänien gebaut wird. Später dann noch ein E-Auto aus dem Werk im spanischen Valencia auf einer Ford-eigenen Plattform. Weniger Modelle bedeuten aber auch weniger Entwicklungsaufwand.

Aber nicht nur in Merkenich wird gestrichen. Durch das Aus für den Verbrennungsmotor, den Ford 2030 schon nicht mehr in Pkw einbauen will, erübrigt sich auch die Forschung und Entwicklung von saubereren Diesel-, Benzin- und Hybridmotoren. Damit fällt ein Schwerpunkt von Fords Forschungszentrum in Aachen weg, sodass auch hier Stellen gekappt werden.

Und auch im Verwaltungsbereich, wo etwa 3300 Mitarbeitende arbeiten, streicht Ford massiv. „20 Prozent der Stellen sollen hier zusätzlich gestrichen werden“, so Gruschka. In Köln sitzen die Deutschland- und die Europa-Zentrale des Konzerns. Außerdem das Ersatzteilzentrum in Merkenich. Da in Elektroautos im Antriebsstrang deutlich weniger Teile verbaut werden und die auch noch weniger verschleißen, werden auch weniger Ersatzteile benötigt.

Ford hat bislang Stellen sozialverträglich abgebaut, etwa durch vorzeitigen Ruhestand oder durch das Zahlen von Abfindungsprämien für das Ausscheiden aus dem Unternehmen. Nach heftigen Sparrunden gibt es allerdings immer weniger Mitarbeitende, die für einen vorzeitigen Ruhestand in Frage kommen. Die letzte Sparrunde hatte Ford 2019 aufgelegt. Dadurch haben annähernd 6000 Mitarbeitende das Unternehmen verlassen. Allein in Köln sank die Zahl der Beschäftigten von etwa 18 000 auf deutlich unter 14 000. Fallen also weitere bis zu 3200 Stellen hier weg, hat damit mehr als jeder dritte Mitarbeitende seit 2019 seinen Job verloren oder verliert ihn noch.

Auch im Saarland Sorgen um Fortbestand

Nicht nur in Köln ist die Sorge um die Arbeitsplätze bei Ford groß. Im Werk Saarlouis, wo bereits fast 2000 Mitarbeitende, darunter auch solche mit Zeitarbeitsverträgen, sowie Leiharbeitnehmer im Zuge der Einstellung des C-Max ihren Job verloren hatten, bangen aktuell 4500 Mitarbeitende um ihren Job. Ford hatte im Sommer die Fertigung eines weiteren E-Autos nach Valencia vergeben. Damit endet die Fahrzeugmontage in Saarlouis, wenn Mitte 2025 der Focus ausläuft.

Ford-Deutschland-Chef Martin Sander hat lediglich 500 bis 700 Mitarbeitern des Werks eine Weiterbeschäftigung zugesagt. Einzelne – in der Regel wohl junge, flexible Mitarbeitende – können auch in das Kölner Werk wechseln. Eine entsprechende Vereinbarung haben Betriebsrat und Geschäftsleitung inzwischen geschlossen. Letztlich aber hängen rund 4000 Mitarbeitende in Saarlouis noch in der Luft.

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