Fibo-Messe in Köln Forscher fordert Sport auf Rezept

Köln · Ab Donnerstag zeigt die Kölner Messe Fibo die neuesten Trends der Fitnessbranche. 150.000 Besucher werden erwartet.

Hip Hop als Workout ist ein Trendthema auf der Messe. Am Sonntag gibt es hier auch das Turnier Hip Hop Unite Germany.

Hip Hop als Workout ist ein Trendthema auf der Messe. Am Sonntag gibt es hier auch das Turnier Hip Hop Unite Germany.

Foto: Günther Meisenberg

Mit Auto, Bahn oder Bus ins Büro oder in die Schule. Und hier wird dann Stunde um Stunde gesessen. Gesund ist das ganz und gar nicht. „Sitzen ist das neue Rauchen“, unterstrich der Sportwissenschaftler Theodor Stemper von der Universität Wuppertal gestern in Köln im Vorfeld der Fitnessmesse Fibo. Besser ginge es den Menschen, wenn sie pro Woche zweieinhalb Stunden körperlich aktiv wären. Kinderspiel, denken die meisten – und irren. Zweieinhalb Stunden Bewegung, sodass sie leicht außer Atem und ins Schwitzen kommen, das schaffen laut Stemper nur 25 Prozent der Deutschen.

Bewegungsmangel kostet Lebensjahre und viel Geld. 16 Milliarden Euro an Gesundheitskosten ließen sich durch Training einsparen, hat er ermittelt. Dass eine andere Studie „nur“ auf 14,8 Milliarden kommt, sieht er als Bestätigung seiner Zahlen. In beiden Studien sei eher konservativ gerechnet worden, so Stemper. Abhilfe könnte „Sport auf Rezept“ schaffen. Ärzte verordnen Bewegung, Physiotherapeuten etwa kümmern sich um das richtige Training, um die individuellen Probleme der Patienten lösen zu können.

Einen Schub könne immerhin das neue Präventionsgesetz bringen. Bewegungsangebote wie Kurse zur Verbesserung der Ausdauer sowie der Dehn- und Koordinationsfähigkeit können gefördert und auch in gewerblichen Fitness- und Gesundheitsstudios verbessert werden. Voraussetzung sind Zertifizierungen von Studios, Kursen und Trainern, die derzeit überwiegend noch in Arbeit sind. Zwei Kurse haben inzwischen ein Siegel, so Stemper.

Das Wachstum der Branche könnte so weiter angeschoben werden. Im vergangenen Jahr stiegen die Mitgliedbeiträge in den Studios in Deutschland erstmals über die Schallmauer von fünf Milliarden Euro. 5,05 Milliarden bedeuten ein Plus von 4,5 Prozent.

Eine weitere Schallmauer fiel bei den Mitgliedszahlen. Sie stiegen um 6,5 Prozent auf 10,08 Millionen. Freilich gibt es darunter auch zahlreiche Inaktive. Und etwa jeder Vierte verlässt nach Vertragsablauf das Studio wieder. Ob er eine Sportpause einlegt oder sich in einem anderen Studio anmeldet, kann die Branche nicht genau sagen.

Dabei beträgt der durschnittliche Monatsbeitrag 44,62 Euro und liegt damit leicht niedriger als im Vorjahr. Hier ist die Bandbreite unter den 8684 Studios – ein Plus von 6,5 Prozent – mehr als beachtlich. Es gibt vereinzelt Discountstudios, in denen man für weniger als zehn Euro im Monat pumpen kann. Große Ketten verlangen in der Regel knapp unter 20 Euro. Diese günstigen Studios wachsen. Lifestyleorientierte junge Menschen könnten hier durchaus das passende Angebot finden, wenn sie Muskeln aufbauen oder fitter werden wollten, so Stemper.

Andererseits wachsen kleine Studios besonders stark. Ihre Zahl kletterte um 9,5 Prozent auf 2054. Hier geht es mehr um individuelles Training, oft auch mit einem persönlichen Coach. „Die Segmentierung im Markt nimmt zu“, beobachtet Stemper. Gerade die kleinen Studios würden sich spezialisieren. Sie kümmern sich dann vor allem um die Gesundheit, vielleicht auch mit Schwerpunkten wie etwa dem Rücken, den es zu stärken gilt. Hier sind auch leicht 70 oder 80 Euro als Monatsbeitrag fällig. Die Branche sieht einen Trend zu wertigeren Angeboten, die dann den Umsatz weiter treiben könnten – und sie entdeckt neue Zielgruppen: Angebote gibt es auch für Kinder.

Von Donnerstag bis Sonntag zeigen mehr als 1000 Aussteller ihre Produkte und Dienstleistungen. Es gibt unterschiedliche Geräte, Trainings- und Wellnesskonzepte oder auch Nahrungsergänzungsmittel. Selbst ein Pool fürs Aquajogging ist in den Hallen aufgebaut.

Veranstalter Reed erwartet wie im Vorjahr rund 150.000 Besucher. Damit sind die Messehallen voll. Publikumskarten für Samstag seien bereits vergriffen, für Sonntag gebe es noch Restkarten. Fachbesucher können dagegen noch Tickets kaufen. Das seien vor allem Betreiber von Fitnessstudios, Trainer oder Physiotherapeuten, die sich auch in Vorträgen über neue Trends informieren können.

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