Finanzwirtschaft Frankfurter Gedankenspiele um die Postbank

FRANKFURT/BONN · Die Deutsche Bank droht im internationalen Wettbewerb zurückzufallen und sucht nach einer neuen Strategie.

 Sitzt in Bonn, aber unter dem Dach des Deutsche-Bank-Konzerns: die Deutsche Postbank.

Sitzt in Bonn, aber unter dem Dach des Deutsche-Bank-Konzerns: die Deutsche Postbank.

Foto: dpa

Als Anshu Jain und Jürgen Fitschen im September 2012, wenige Monate nach ihrem Amtsantritt als Doppelspitze der Deutschen Bank, ihre "Strategie 2015+" verkündeten, konnten auch sie noch nicht absehen, wie sich das Umfeld für die Finanzwirtschaft entwickeln wird. Neue regulatorische Vorschriften, Niedrigzinsen, Konjunkturschwäche und geopolitische Risiken sowie die Aufarbeitung von Altlasten sind nur einige Stichworte. Durch Kostensenkungen, eine Stärkung des Eigenkapitals und den Abbau von Risiken wollten Jain und Fitschen das größte deutsche Geldhaus "fit für die Zukunft" machen, einen Kulturwandel inklusive.

Schon mehrfach, zuletzt im Mai, mussten die beiden Bankchefs ihre Ziele den neuen Gegebenheiten anpassen. Nun, da das Jahr 2015 fast erreicht ist, steht eine "ehrliche Bestandsaufnahme" an, die die Manager in den kommenden Monaten beschäftigen wird.

"Wir haben stets deutlich gemacht, dass die Bank ihre Strategie im Laufe des kommenden Jahres überprüfen und weiterentwickeln wird", erklärte am Donnerstag ein Sprecher der Bank, nachdem Spekulationen bekannt wurden, dass der Vorstand erneut einen grundlegenden Umbau plane und dabei sogar den Verkauf der 2010 übernommenen Postbank in Erwägung ziehe.

Möglicherweise schon im März, spätestens aber zur Hauptversammlung am 21. Mai, sollten die Ergebnisse der Öffentlichkeit präsentiert werden, heißt es in den Berichten. Sicher ist, dass die Bank einige ihrer Ziele nicht wie geplant erreichen wird. Zwar hat sie ihre Eigenkapitalausstattung durch zwei Kapitalerhöhungen sowie die Ausgabe mehrerer Anleihen mit insgesamt 13 Milliarden Euro zusätzlich deutlich gestärkt und wird die regulatorischen Anforderungen erfüllen. Doch bei der Rendite ist nicht alles so gelaufen, wie Jain und Fitschen sich das vorgestellt hatten.

Dabei spielen vor allem die vielen Rechtsstreitigkeiten eine Rolle. Wie viele Milliarden diese die Bank am Ende kosten werden, ist noch offen. Ein Verkauf der Postbank, über den jetzt spekuliert wird, würde die Bank bei der Verschuldungsquote auf einen Schlag entlasten, weil die Bilanzsumme deutlich verringert würde. Je größer die Bilanz, desto mehr Eigenkapital ist nötig. Bei der Verschuldungsquote wird das Eigenkapital ins Verhältnis zur gesamten Bilanzsumme gesetzt - egal, wie riskant die dahinter stehenden Geschäfte sind. Derzeit kommt die Bank bei diesem Wert mit 3,3 Prozent nur leicht über die Mindestanforderung von drei Prozent, Ende 2015 sollen es 3,5 Prozent sein.

Andererseits aber wäre ein Verkauf der Postbank mit ihren 14 Millionen Kunden ein drastischer Strategiewechsel, denn Jain und Fitschen hatten bisher immer betont, dass sie ein ausgewogeneres Verhältnis der Geschäftsbereiche der Bank anstreben. Während in früheren Zeiten das Investmentbanking für gut 70 Prozent des Gewinns gesorgt hat, sollten auch das Geschäft mit Privat- und Firmenkunden sowie die Vermögensverwaltung künftig deutlich höhere Gewinnbeiträge abliefern.

Um das Privatkundengeschäft zusammen mit der Postbank ertragreicher zu machen, wurden daher mit Millioneninvestitionen gerade erst der Zahlungsverkehr und die Servicecenter beider Banken auf eine gemeinsame technologische Plattform gestellt. Es sei "unverantwortlich, über eine Veräußerung irgendwelcher Geschäftsbereiche, inklusive Postbank, zu spekulieren", heißt es daher auch bestimmt aus der Bank. Aus Finanzkreisen heißt es jedoch, dass das Institut bereits bei möglichen Käufern vorgefühlt habe. Bekannt ist, dass die spanische Großbank Santander immer wieder ihr Interesse an der Postbank bekundet hat.

Völlig überrascht zeigt sich am Donnerstag die Gewerkschaft DPVkom von den angeblichen Plänen: "Die Deutsche Bank muss schnellstmöglich ihre Pläne hinsichtlich der Postbank offenlegen. Derartige Spekulationen über die Zukunft der Postbank haben zur Folge, dass die Mitarbeiter der Postbank nun völlig verunsichert unter dem Weihnachtsbaum sitzen", sagte Sprecher Maik Brandenburger. Und eines liegt der Gewerkschaft, die sich vor allem um die Mitarbeiter von Post, Telekom und Postbank kümmert, am Herzen: "Wichtig ist, dass die Postbank auch nach einem möglichen Verkauf als Unternehmen erhalten bleibt", so Brandenburger.

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