Interview mit Anita Halft Frauen klüngeln anders als Männer

BONN · Kompetenz und Leistung reichen nicht immer aus, um im Job erfolgreich zu sein. Netzwerke und die entsprechende Portion Vitamin B können in vielen Fällen der Schlüssel zum Sprung auf der Karriereleiter sein. Das haben gerade Frauen im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen lange vernachlässigt.

 Anita Halft.

Anita Halft.

Doch das ändert sich jetzt, vor allem in der jüngeren Generation, erklärt Anita Halft, Leiterin des Kompetenzzentrums Frauen und Beruf des Büros Rhein-Sieg im Interview mit Nadine Klees.

Wie gut klüngelt frau bereits?
Anita Halft: Sehr gut. Immer mehr Frauen erkennen den Nutzen des Netzwerkens und es macht ihnen Spaß. Ich beobachte die Entwicklung seit etwa 15 Jahren. Gerade die jüngere Generation ist in diese Richtung weitaus zielstrebiger. Sie nutzen die vorhandenen Netzwerke eher. Allerdings muss man sagen, dass Frauen und Männer unterschiedlich netzwerken.

Das heißt?
Halft: Für Männer steht an erster Stelle der Karrierenutzen. Wenn sie merken, dass ihnen jemand hilfreich sein könnte, kommen sie schneller zum Punkt. Natürlich gibt es auch sehr zielgerichtete Frauen. Allerdings suchen viele Frauen auch eher einen Austausch mit Kolleginnen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Zum Beispiel wenn es darum geht, wie schwierig es für Frauen ist, den nächsten Karriereschritt zu machen. Frauen suchen Gesprächspartner auch nach Sympathie aus und sind langfristiger an Bekanntschaften interessiert. Hier gilt wie generell: Frauen denken langfristiger und nachhaltiger.

Welche Vorteile haben Frauen tatsächlich vom Netzwerken?
Halft: Sie können Erfahrungen austauschen, sich gegenseitig Tipps geben zu Themen wie Vorstellungsgesprächen oder mehr Gehalt. Netzwerke können auch eine mentale Unterstützung sein, aber auch klassisch als Vitamin B funktionieren: Viele freie Stellen werden auf diesem Weg vergeben.

Wächst die Zahl der professionellen Netzwerke für Frauen?
Halft: Die großen beruflichen Netzwerke wie zum Beispiel Business and Professional Woman gibt es schon lange, auch hier in der Region. Aber gerade die Netzwerke der Unternehmerinnen haben sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt.

Die Rede ist meistens von Netzwerken speziell für Frauen. Wäre es nicht sinnvoller, die Geschlechter zu mischen?
Halft: Solche Netzwerke gibt es auch. Eigene Netzwerke für Frauen sind deshalb so wichtig, weil sie, wie gesagt, teilweise andere Ziele verfolgen.

Aber Frauen und Männer könnten doch sicherlich auch verschiedene Dinge voneinander lernen, oder?
Halft: Sicher. Frauen könnten von Männern lernen, Dinge im Berufsleben klarer einzufordern, selbstbewusster aufzutreten und ihre Ziele ehrgeiziger zu verfolgen. Umgekehrt könnten Männer sich ein Beispiel nehmen, wenn es darum geht, genauer hinzuschauen und die Stimmung im Team zu beobachten und einzuschätzen.

Frauen in Deutschland verdienen bei gleicher Qualifikation im Schnitt immer noch sieben Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Was kann frau tun, um den gleichen Lohn zu erhalten?
Halft: Den höheren Lohn auch selbstbewusst einfordern. Frauen stellen leider immer noch ihr Licht oft unter den Scheffel. Wir haben derzeit die bestausgebildeten Frauen. Gerade zwischen 25 und 29 Jahren sind die Frauen heute meist wesentlich besser qualifiziert als die Männer.

Wie lange dauert es noch, bis die gleichen Löhne gezahlt werden?
Halft: Ich glaube, nicht mehr lange. Es gibt zwei wesentliche Punkte, die dafür sprechen. Zum einen gibt es häufiger Männer, die sich auch ausgiebiger ihren väterlichen Pflichten widmen wollen - Stichwort Elternzeit. Dann muss das Gehalt der Frau ausreichen. Und der demografische Wandel: Es gibt immer weniger Fachkräfte, ohne Frauen geht es nicht mehr. Um die besten zu halten, müssen Firmen ihre Politik ändern.

Zur Person

Anita Halft ist Projektleiterin im Kompetenzzentrum Frau und Beruf bei der Wirtschaftsförderung des Rhein-Sieg-Kreises. Sie berät gründungsinteressierte Frauen und Frauen in den unterschiedlichen Phasen ihrer Selbstständigkeit. Sie unterstützt unter anderem bei der Konzept- und Finanzplanerstellung als auch bei der Beantragung des Gründungszuschusses.

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