"Für die paar Kilometer lohnt sich das nicht"

Die Einführung der Maut zwingt Betriebe mit Zuruf-Geschäften zum teuren Einbau der Erfassungsgeräte - Bauunternehmer Rolf Grönewald aus Niederpleis hat lange gezögert

  Teurer Spaß  für kurze Strecken: Rolf Grönewald bedient das Mauterfassungsgerät in seinem Laster.

Teurer Spaß für kurze Strecken: Rolf Grönewald bedient das Mauterfassungsgerät in seinem Laster.

Foto: Lannert

Sankt Augustin-Niederpleis. "Wir haben lange überlegt, was wir machen sollen. Letztendlich haben wir uns aber für den Einbau entschieden, weil alles andere nicht machbar ist. Seit gestern ist er drin", sagt Rolf Grönewald.

Der 53-Jährige Bauunternehmer und Obermeister der Bauinnung Bonn-Rhein-Sieg spricht von seiner jüngsten Investition in seinem eher alten Lastwagen, der so genannten On-Board-Unit (OBU), die seinem Mitarbeiter nun wieder freie Fahrt auf der Autobahn ermöglichen soll.

Seit 1. Januar gilt die Lkw-Maut. Das heißt, inländische und ausländische Lkw ab zwölf Tonnen zulässigem Gesamtgewicht müssen für die Nutzung der Autobahn je nach Schadstoffklasse und Achsenzahl zwischen neun und 14 Cent pro Kilometer zahlen. Politisches Ziel ist, eine bessere Auslastung der Gütertransporte zu erreichen und eben diejenigen zur Kasse zur bitten, die an erster Stelle für den Straßenabrieb verantwortlich sind.

Abgerechnet wird über Toll-Collect, die für die Bundesregierung die Gebühren eintreibt, entweder über Tagesbelege oder über Satelliten, die durch die eingebauten Bordcomputer genau erfassen, was gefahren und vom Fahrer vorher eingetippt wurde. Rund 800 000 solcher Bordcomputer ließ Toll Collect fertigen, bislang sind nach eigenen Angaben etwa 400 000 eingebaut.

"Für Speditionen oder Unternehmen, die vorwiegend Autobahn fahren und nur von A nach B müssen, sind Tagesbuchungen noch einfach zu händeln", so Grönewald. Aber sein Betrieb gehöre zur der Branche, deren Geschäfte vorwiegend über Zuruf funktionieren und die deshalb sehr flexibel sein müsse. "Wir haben seit Januar erst einmal abgewartet und durchgerechnet, was für uns die günstigste Lösung ist", sagt Grönewald.

Die Alternative zu den OBU seien die Tagesbelege, die an Terminals verschiedener Tankstellen und Raststätten gezogen werden können. "Das war für uns aber keine Alternative. Wenn man solche Tickets zieht, muss man genau angeben, mit wie viel Achsen man, wann, wie lange und vor allem, wo unterwegs ist. Das ist absolut nicht machbar." Deshalb seien sie bisher auf die Bundes- und Landstraßen ausgewichen.

Ähnlich wie viele andere Betriebe auch, gehört zu Grönewalds Fuhrpark nur ein Lastwagen, der mit seinen zulässigen zwölf Tonnen mautpflichtig ist. "Da die großen Materialbestellungen wie Beton, Steine und Mörtel vom Großhändler geliefert werden, brauchen wir den Lastwagen, um Rundtouren zu den Baustellen zu machen."

Im Schnitt etwa 15 Baustellen quer durch die Region habe der Betrieb. Den ganzen Tag sei der Fahrer unterwegs, um die einzelnen Baustellen zwischen Eitorf, Remagen, Pullheim, Rösrath und Brühl zu beliefern. "Per Zuruf eben."

Wenn der Fahrer aber beispielsweise gerade einen Tagesbeleg für zwei Vollfahrten zu einer Baustelle nach Köln gültig bis 18 Uhr gezogen hat, aber plötzlich per Handy den Auftrag erhält, vorher an eine andere Baustelle zu kommen, kann er seine Buchung, die auf die Stunde genau ist, nicht mehr ändern. "In der Baubranche kommt immer etwas dazwischen, irgendeine Lieferung fällt aus oder kommt später. Auch das Wetter kann einen Strich durch die Rechnung machen." Deshalb bleibe nur die OBU.

"Für die paar Kilometer, die wir hier in der Region fahren, lohnt sich an sich diese Investition von rund 1 000 Euro inklusive Einbaukosten und Ausfall aber eigentlich nicht. Ich bin auch skeptisch, wie die Abrechnung funktioniert. Kontrollieren können wir das nur, wenn der Fahrer ganz penibel Buch führt."

Grönewald glaubt, es wäre für alle Beteiligten vorteilhafter, wenn es eine Pauschale für Fahrten in einem bestimmten Umkreis geben würde. Wie hoch nun die Kosten für ihn werden, könne er noch nicht einschätzen. "Es wird in jedem Fall schwierig sein, die an die Kunden weiter zu geben. An sich sind sie zu gering, um sie einzeln zu kalkulieren, aber doch zu groß, um sie auflaufen zu lassen..."

Doch ganz auf die Autobahn verzichten, funktioniere auch nicht. Und Schwarzfahrten, wie es vereinzelt andere praktizierten, seien ihm zu riskant. "Langfristig wäre natürlich zu überlegen, ob man bei einer Neuanschaffung besser einen kleineren Lkw nimmt, was auch den Vorteil hätte, dass man keinen Fahrer mit Führerscheinklasse IV bräuchte."

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