Kommentar zur Gläubigerversammlung Gläubiger bringen Solarworld blindes Vertrauen entgegen

Meinung | Bonn · Die insolvente Solarstromtechnikfirma Solarworld bekommt noch eine Chance: Die Gläubiger stimmten dem Verkauf und der Übertragung von wesentlichen Vermögensteilen an eine neu gegründete Gesellschaft zu.

Viel Papier und Zahlen haben die Gläubiger des Solarworld-Konzerns bei der Versammlung im Bonner Amtsgericht am Freitag präsentiert bekommen. Nur eins haben sie nicht erfahren: Wie viel am Ende für sie herausspringen wird, nachdem sie dem Verkauf des Konzerns und der beiden Produktionsstätten in Thüringen und Sachsen zugestimmt haben. Die Gläubiger standen vor der Wahl, entweder ihre gesamten Forderungen zu verlieren oder die Aussicht zu haben, dass sie durch den Verkauf von Unternehmensteilen wenigstens einen Teil ihres Geldes wiedersehen werden.

Frank Asbeck, der alte-neue Solarworld-Chef, ist eine schillernde Persönlichkeit. Dem studierten Ingenieur haben unternehmerische Tatkraft und die Überzeugung, dass die Zukunft den erneuerbaren Energien gehört, dazu verholfen, innerhalb weniger Jahre einen der weltweit führenden Fotovoltaikkonzerne aufzubauen. Auf dem Höhepunkt seines Erfolgs war die Solarworld-Aktie 50 Euro wert, heute dümpelt sie bei einem Euro herum.

Die Gläubiger hätten viel darum gegeben, wenn Asbeck selbst am Freitag sein Geschäftskonzept vorgestellt hätte. In der Gläubigerversammlung ist auch die Qatar Foundation vertreten, weil sie der Solarworld ein Darlehen von 50 Millionen Euro gegeben hatte, das sie nun abschreiben kann. Die Kataris wenigstens sind so überzeugt von Asbecks Strategie, mit einer neuen Generation von Solarzellen Solarworld endlich wieder zum Erfolg zu führen, dass sie ihm nochmals ihr Geld anvertraut haben. Man kann nur hoffen, dass dies mehr als blindes Vertrauen in „Sonnenkönig“ Asbeck ist.

Lediglich Mutmaßungen sind, was die nächsten Schritte des Solarworld-Chefs angeht. Lässt Asbeck mehr in Katar fertigen, wo er ein Joint-Venture-Unternehmen, die Qatar Solar, unterhält, und importiert günstig produzierte Ware, die er dann auf dem deutschen und europäischen Markt vertreibt? Die öffentlichen Geldgeber jedenfalls werden sich genau seine Geschäftspläne ansehen, bevor sie ihm wieder Fördermittel zukommen lassen. Für Forschung und Entwicklung hatte Solarworld allein in den vergangenen beiden Jahren 16 Millionen Euro aus der Staatskasse erhalten. Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee hat grundsätzlich seine Bereitschaft erklärt, der neuen Gesellschaft unter die Arme zu greifen, fordert aber, erst einmal ein neues Konzept zu sehen.

Die größte Enttäuschung erleben die Arbeitnehmer, die ihre Jobs verlieren. Sie hatten in den vergangenen Monaten mit vollem Einsatz weitergearbeitet, während ihnen die Schließung ihres Arbeitsplatzes immer vor Augen stand. Ein Trost ist, dass auf dem Arbeitsmarkt Facharbeiter gesucht werden. Und am Rhein wird offenbar eine Kernmannschaft in der Zentrale der neuen Solarword Industries weiter arbeiten. Immerhin ein Trostpflaster für Bonn.

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