Bonner Immobilienkonzern Gläubiger wollen IVG schlucken

BONN · Der mit mehr als vier Milliarden Euro verschuldete Bonner Immobilienkonzern IVG könnte in letzter Minute doch noch einer Insolvenz entgehen. Wie das Unternehmen am Wochenende mitteilte, haben sich wesentliche Gläubigergruppen auf ein Sanierungskonzept verständigt.

Es läuft - ähnlich wie im Fall Solarworld - auf einen drastischen Schuldenschnitt, eine fast vollständige Enteignung der Altaktionäre sowie die anschließende Übernahme der IVG durch die Gläubiger hinaus. Ob der Sanierungsplan durchkommt, ist allerdings noch nicht sicher. Die Aktionäre und weitere Gläubiger müssen zustimmen.

Dem Sanierungsplan zufolge verzichten die Gläubiger auf die Rückzahlung von voraussichtlich rund 1,75 Milliarden Euro. Nach früheren Angaben hatte IVG einen Schuldenschnitt von rund 40 Prozent als überlebensnotwendig bezeichnet. Außerdem wird eine Brückenfinanzierung in Höhe von 140 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, mit der "der Bestand der Gesellschaft voraussichtlich bis zum geplanten Abschluss der Restrukturierung gesichert wäre", so die IVG.

Die Landesbank Baden-Württemberg stunde voraussichtlich die Rückzahlung eines Ende des Jahres fälligen 100-Millionen-Euro-Kredits. Auch die Eigner einer Wandelanleihe seien bereit, im Zweifelsfall ihr Kündigungsrecht zu verschieben.

Im Gegenzug erhalten die Gläubiger 96 Prozent an der börsennotierten IVG, die Altaktionäre sollen praktisch enteignet werden. Dazu werden je 200 Altaktien zu einer neuen Aktie zusammengelegt. Größter IVG-Aktionär ist mit 20 Prozent die Unternehmerfamilie Mann aus Karlsruhe, die ehemaligen Eigentümer der Möbelhäuser "Mann Mobilia". In besseren Tagen hatte die IVG-Aktie rund 35 Euro gekostet, am Freitag notierte sie bei 22 Cent.

Der Kapitalschnitt ist auch deshalb nötig, weil die IVG nach eigenen Angaben mehr als die Hälfte des Grundkapitals aufgezehrt hat. Ursache dafür wiederum seien aktuell Abschreibungen in Höhe von 350 Millionen Euro - vor allem auf eigene Immobilien, teilte das Unternehmen weiter mit. Nach dem Kapitalschnitt soll es eine Kapitalerhöhung geben, an der - im Unterschied zu Solarworld - alle Alteigentümer aber teilnehmen können.

Das Unternehmen wolle den Kompromiss kurzfristig prüfen und auf der Basis weitere Verhandlungen führen und dann zu einer Hauptversammlung laden, teilte IVG weiter mit. Wegen der Fristen zur Einberufung einer Hauptversammlung dürfte es allerdings Herbst werden, bis die Sanierung steht. Insgesamt sitzen rund 250 Gläubiger am Verhandlungstisch, überwiegend Hedgefonds und Finanzinvestoren, die den Banken zuvor deren Forderungen mit hohen Abschlägen abgekauft hatten.

Die IVG hatte sich in der Finanzkrise unter dem alten Management mit schuldenfinanzierten Zukäufen und Projektentwicklungen wie dem Geschäftskomplex "Squaire" am Frankfurter Flughafen verhoben. Mit einem verwalteten Vermögen von mehr als 20 Milliarden Euro zählen die Bonner zu den Branchengrößen in Deutschland. Ohne den Kompromiss hätte die IVG in wenigen Tagen Insolvenz anmelden müssen.

Der Bonner Konzern hätte in diesem Jahr Bankschulden von 734 Millionen Euro refinanzieren müssen, die Banken wollten aber keine Anschlusskredite mehr geben. Als "Plan B" hatte Vorstandschef Wolfgang Schäfers eine Insolvenz in Eigenverwaltung über das sogenannte Schutzschirmverfahren ins Gespräch gebracht. Das könnte mit der Einigung obsolet geworden sein.

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