Kosten für Fernwärme und Gas Gleiche Wärme zum doppelten Preis

Bonn · Günstig, komfortabel, klimaschonend und platzsparend – mit diesen Eigenschaften bewirbt die SWB Energie und Wasser auf ihrer Internetseite den Bezug von Fernwärme. Doch der Preisunterschied zu Gas können immens sein. Das ärgert Hausbesitzer in Bonn.

 Bonner Hausbesitzer ärgern sich über die Kosten für Fernwärme

Bonner Hausbesitzer ärgern sich über die Kosten für Fernwärme

Foto: picture alliance / dpa

Johannes S. (Name von der Redaktion geändert) hat zwei etwa gleich große Häuser, die ungefähr gleich viel Wärme brauchen. Doch die Kosten dafür sind bei einem Objekt bis zu doppelt so hoch wie bei dem anderen. Der Grund: Ersteres wird mit Fernwärme versorgt, das andere mit Gas.

Günstig, komfortabel, klimaschonend und platzsparend – mit diesen Eigenschaften bewirbt die SWB Energie und Wasser auf ihrer Internetseite den Bezug von Fernwärme. Das hatte auch Hausbesitzer Johannes S. von den Vorteilen des Fernwärmebezugs überzeugt. Als aber die ersten Rechnungen der Tochtergesellschaft der Stadtwerke Bonn (SWB) ins Haus flatterten, änderte sich seine Meinung: „Der helle Wahnsinn!“, kommentiert Johannes S.

Zu Spitzenzeiten hat der Fernwärmebezug für das Mehrfamilienhaus in Bonn über 6500 Euro im Jahr gekostet – das Doppelte des Preises, der beim zweiten Mehrfamilienhaus anfiel. Der Grund: Dieses Objekt wird nicht mit Heißwasser, sondern mit Gas beliefert. Die Häuser sind gleichen Typs und zwischen 330 und 350 Quadratmeter groß.

„Dass die Preisunterschiede so immens sind, haben wir damals nicht absehen können“, erklärt Johannes S. Seit 2009 bezieht seine Familie Fernwärme von der SWB, für 10 000 Euro hat sie damals eine Übergabestation einbauen lassen. Der Fernwärmepreis setzt sich in erster Linie aus Arbeits- und Grundpreis zusammen. Über ersteren wird die verbrauchte Wärme abgerechnet, über letzteren die zur Verfügung gestellte Leistung. Diese ist abhängig von der Größe des Gebäudes.

Grundpreis sorgt für Ärger

Die Preise werden mit kaum verständlichen und langen Formeln berechnet. „Der normale Verbraucher ist damit komplett überfordert“, erklärt Udo Peters von der Verbraucherzentrale NRW. Es sei vorbildlich, dass die SWB im Gegensatz zu anderen deutschen Energieversorgern ihre Preisformeln, die darin enthaltenden Indizes und deren Quellen veröffentlichten. Denn das ist nicht verpflichtend. Aber bei Johannes S. stoßen die Klauseln trotzdem auf wenig Verständnis, auch weil es sie bei Strom und Gas nicht gibt.

Er ärgert sich vor allem über den Grundpreis: Die ersten zehn Kilowatt Leistungsbezug werden pauschal abgerechnet, jedes weitere Kilowatt wird mit einem weiteren Grundpreis multipliziert und in Rechnung gestellt. So haben die Bewohner 2014/15 bei einer Anschlussleistung von 25 Kilowatt 110 Euro für die ersten zehn gezahlt, 620 Euro fielen für 15 weitere Kilowatt an. „Völlig unverhältnismäßig“, kommentiert der Hausbesitzer. Denn der Grundpreis für Gas im anderen Haus, dessen Anschlussleistung bei 41 Kilowatt liegt, hat die Bewohner 2014/15 210 Euro gekostet – weniger als ein Drittel des Fernwärme-Grundpreises. Als die Anschlussleistung bei 35 Kilowatt lag, hat die Fernwärme 6500 Euro im Jahr gekostet – doppelt so viel wie Gas in demselben Zeitraum.

Verbraucherschützer betonen aber, dass ein direkter Preisvergleich zwischen Fernwärme und Gas nicht möglich ist. Heizen mit Gas erfordere mehr Platz, man müsse einen Heizkessel anschaffen und der Schornsteinfeger koste auch Geld, so Aribert Peters, Vorsitzender des Bundes der Energieverbraucher.

Fernwärme habe anders als Gas im Haus keine Umwandlungsverluste. „Das heißt aber nicht, dass Fernwärme unendlich teurer sein darf“, so Peters. Seine Faustregel: Der Preis für Fernwärme sei noch im Rahmen, wenn er das 1,5-Fache des Gaspreises ausmache.

Verbraucherschützer fordern die Öffnung der Fernwärmenetze

Dass Fernwärme teurer ist als Gas, räumt auch Robert Landen, Vertriebsleiter für Wasser- und Energieversorgung bei SWB Energie und Wasser, im Gespräch mit dem GA ein. „Fernwärme ist klimaschonender und damit auch ein besseres Produkt“, sagt Landen. Nur Biogas sei damit vergleichbar – aber das sei deutlich teurer als Erdgas und Fernwärme. Während Gas als Energieträger ins Haus geliefert werde, um Heizung und Warmwasserbereitung zu betreiben, komme Fernwärme schon als fertige Wärme ins Haus. „Ein Grundpreis von rund 34 Euro pro Kilowatt ist marktüblich“, erklärt der Vertriebsleiter. „Er garantiert den Leistungsbezug zu jedem Zeitpunkt und spiegelt die Investitionen wider.“ Bis 2020 sollen jährlich zwei Millionen Euro in den SWB-Netzausbau investiert werden.

Verbraucherschützer wie Udo Peters fordern die Öffnung der Fernwärmenetze für andere Wärmeanbieter, damit Wechselmöglichkeiten für die Verbraucher entstehen. Bundesweit betreiben nur die jeweiligen Anbieter das Fernwärmenetz.

SWB-Vertriebsleiter Robert Landen weist darauf hin, dass Fernwärme schon im Wettbewerb zu anderen Energieträgern stehe. „Unsere Kunden können zwischen ihnen frei wählen.“ Durch die hohe Effizienz des neuen Heizkraftwerks Nord seien die Erzeugungskosten gesenkt worden, das sei durch Preissenkungen ab Oktober 2013 an die Kunden weitergegeben worden. Auch wenn sich das in den Rechnungen von Johannes S. zeigt – er wünscht sich noch mehr Wettbewerb im Fernwärmemarkt, so wie es in anderen Teilen des Energiemarktes längst üblich ist.

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