Interview mit NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin „Ich glaube an Wandel durch Annäherung“

Düsseldorf · NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin reist am Sonntag mit einer Delegation in den Iran. Es ist das erste Mal seit über zehn Jahren, dass ein NRW-Wirtschaftsminister mit einer Unternehmerdelegation das Land besucht.

 Irans Wirtschaft blüht auf: Eine Iranerin auf einer Industriemesse in Teheran, die sich Anfang Mai den Themen Öl, Gas und Petrochemie widmete. Rund 1900 Unternehmen, darunter 880 aus 38 Gastländern, stellten dort ihre Entwicklungen vor.

Irans Wirtschaft blüht auf: Eine Iranerin auf einer Industriemesse in Teheran, die sich Anfang Mai den Themen Öl, Gas und Petrochemie widmete. Rund 1900 Unternehmen, darunter 880 aus 38 Gastländern, stellten dort ihre Entwicklungen vor.

Foto: dpa

Vor Beginn der harschen Wirtschaftssanktionen gegen den Iran 2007 war das Land für NRW wichtiges Exportziel. Die meisten Maschinen und Großanlagen im Iran stammen noch aus Deutschland. Wie groß sind die Erwartungen, mit denen Sie und die Unternehmer in den Iran fliegen?

Garrelt Duin: Die Hoffnungen sind groß, aber ich will sie auch nicht zu groß werden lassen. Ziel des Besuches ist, an das traditionell enge Wirtschaftsverhältnis mit dem Iran wieder anzuknüpfen. Zunächst gilt es, Kontakte herzustellen, Marktpotenziale und Nachfrage auszuloten und unsere eigene Leistungsfähigkeit zu demonstrieren. Wir werden nicht mit Milliardenaufträgen zurückkommen, sondern die Basis für eine dauerhafte Beziehung neu legen. Wenn es über die Sondierung hinaus zu Geschäftsabschlüssen kommt, freue ich mich aber natürlich.

Wie interessiert sind denn NRW-Unternehmer an einer Wiederaufnahme der internationalen Wirtschaftsbeziehungen?

Duin: Riesig. Die Gruppe der Unternehmer, die jetzt in den Iran mitfliegt, ist die größte Auslandsdelegation des Wirtschaftsministeriums in dieser Wahlperiode. Wir mussten vielen interessierten Firmen absagen, weil die Kapazitäten nach kurzer Zeit erschöpft waren.

Nun war Niedersachsens Wirtschaftsminister schon vergangenes Jahr im Iran, ihr sächsischer Kollege Martin Dulig will auch bald die Geschäftsoptionen am Golf ausloten. Wo ist da noch eine Nische für NRW-Unternehmer?

Duin: Wir haben uns ganz bewusst entschieden, nicht zu Beginn der Welle in den Iran zu reisen. Wir profitieren jetzt von den Erfahrungen und auch den Fehlern, die andere vor uns gemacht haben. Es ist klar, dass jeder ein Stück vom Kuchen haben will, und NRW ist durch seine vielen mittelständischen, spezialisierten Unternehmen gut aufgestellt. Die Schwerpunkte der Iranreise liegen für uns auf der Bauwirtschaft, auf Maschinenbau, Automobilzulieferung, Chemie, Robotik. Dass viele der alten, iranischen Anlagen aus Deutschland stammen, zeigt ja, wie groß das Vertrauen in hier hergestellte Maschinen ist. Jetzt, wo Wirtschaft und Gesellschaft sich öffnen, braucht es einen Modernisierungsschub. Diese Chancen sollte NRW nutzen!

Welche Hürden gibt es?

Duin: Die Sanktionen haben auch die Bankgeschäfte stark behindert – und an der Situation hat sich noch nicht viel geändert. So können deutsche Banken, sofern sie in den USA tätig sind, weiterhin Schwierigkeiten bekommen, wenn sie Iran-Geschäfte finanzieren. Daher steht das NRW-Wirtschaftsministerium in intensivem Kontakt mit dem Bundeswirtschaftsministerium, das mit weiteren Ministerien, der Bundesbank und dem Bankensektor nach Lösungen für den Zahlungsverkehr sucht. Auch die Bundesregierung verhandelt mit US-Behörden, um Bankgeschäfte mit dem Iran zu ermöglichen.

Der Iran ist nicht nur ein Wirtschafts-Eldorado. Kritiker bemängeln, dass das Land das syrische Assad-Regime stützt und eine israelfeindliche Position vertritt. Sollte der Iran, der für die Flüchtlingsströme mit verantwortlich ist, seine Handelsbilanzen mit deutscher Hilfe aufpolieren können?

Duin: Ich glaube seit vielen, vielen Jahren an den Wandel durch Annäherung. Gerade funktionierende Wirtschaftsbeziehungen helfen, schwierigere, gesellschaftliche Themen leichter zu lösen. Doch ich bin Landes-Wirtschaftsminister, nicht Neben-Außenminister – und solchen Fragen müssen sich eher der Vizekanzler oder eben der Bundesaußenminister stellen.

Haben Sie als Sozialdemokrat persönlich kein zwiespältiges Gefühl bei Geschäften mit dem Iran?

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