Zukunft der Mobilität in Bonn IHK will Pendlerströme reduzieren

Bonn · Einspurigkeit der Viktoriabrücke, Fahrradwege auf dem Tausendfüßler, neue Seilbahn: Die Verkehrspolitik in Bonn bietet viel Stoff für Diskussionen. Jetzt schaltet sich die Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg mit einem neuen Positionspapier ein.

 Die IHK Bonn/Rhein-Sieg spricht sich für mehr Homeoffice aus, um die Pendlerströme in der Region zu reduzieren.

Die IHK Bonn/Rhein-Sieg spricht sich für mehr Homeoffice aus, um die Pendlerströme in der Region zu reduzieren.

Foto: Volker Lannert

Bonn und der Region stehen bis über das Jahr 2030 hinaus große Bau- und Sanierungsvorhaben der Verkehrsinfrastruktur bevor: Brücken, Schienen, Straßen, Fahrradwege sollen instand gesetzt beziehungsweise neu angelegt werden. Gestritten wird über Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit und verkehrsberuhigte Zonen, in denen keine Autos mehr fahren sollen. In diesem Konglomerat hat die Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg (IHK) ihre Positionen überdacht und auf den neuesten Stand gebracht. Sie präsentierte sie am Donnerstag in einer 24-seitigen Broschüre.

Die Bauvorhaben würden einer Region, die schon heute im Stau steckt, zusätzliche Verkehrsprobleme bereiten. Eine Sofortmaßnahme, die kurzfristig umzusetzen wäre, sieht die IHK im Homeoffice, das in der Corona-Pandemie ohnehin schon einen großen Schub erlebt hat. Die Kammerorganisation stellt sich vor, dass die Unternehmen, allen voran Deutsche Post und Telekom, die Mitarbeiter schichtweise von zu Hause aus arbeiten lassen. Auf diese Weise würden sich die Pendlerzahlen – 140.000 Beschäftigte seien es täglich, die in Bonn aus- und einpendeln – zumindest teilweise reduzieren. „Auf der Reuterstraße könnten wenigstens 10.000 weniger Fahrzeuge täglich unterwegs sein“, schätzte IHK-Geschäftsführer Stephan Wimmers.

Kritik an Plänen für Viktoriabrücke in Bonn

Die IHK fordert einen „technologisch und ideologisch offenen Ansatz“, den sie ganz offensichtlich so in der Bonner Stadtverwaltung und im grün regierten Stadtrat nicht vorherrschen sieht. Den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) auf Straße und Schiene hält sie für wichtig, auch das Fahrrad sei innerstädtisch für Strecken bis zu zehn Kilometern ein alternatives Verkehrsmittel. Auf Unverständnis bei der IHK stoßen aber sowohl die angedachte Veränderung bei der Zahl der Autofahrspuren auf der Viktoriabrücke von zwei auf eine je Richtung als auch eine mögliche Vierspurigkeit des Tausendfüßlers, wie sie die Bonner Ratskoalition sich wünscht. Sie möchte je Fahrtrichtung einen Radweg. Im Bundesverkehrswegeplan ist aber ein sechsspuriger Ausbau plus einer Standspur geplant.

  IHK-Vizepräsidentin Sabine Baumann-Duvenbeck sagte, die Viktoriabrücke sei neben der B9 durch das Koblenzer Tor, das für das Lkw-Verkehr aber nicht nutzbar sei, die einzige Nord-Süd-Verbindung zur Durchquerung der Stadt. Es wäre auch schwierig, bei Einspurigkeit Rettungsgassen für Einsatzfahrzeuge zu bilden, meinte sie.

Verkehrsträger intelligent vernetzen

Die Digitalisierung soll aus Sicht der IHK die intelligente Vernetzung der verschiedenen Verkehrsträger ermöglichen. Fahrdienste „on demand“, also auf Bestellung, sind eine Alternative beziehungsweise Ergänzung zum ÖPNV, wie wir ihn heute kennen. Zum Mobilitätsnetz gehören auch Fähren wie die in Niederkassel und Niederdollendorf sowie, in Zukunft, möglicherweise die Seilbahn von der Universitätsklinik durch das Bundesviertel nach Ramersdorf. „Die Seilbahn könnte ein Leuchtturmprojekt für die Region sein“, sagte Wimmers, es dürfe nun keine Verzögerungen bei dem Projekt geben.

Baumann-Duvenbeck führt selbst ein Logistikunternehmen, für sie sind freie Durchfahrten ohne Staus für den Güterverkehr wichtig, aber auch ausreichend Ladezonen in der Nähe von Gewerbeunternehmen. Ferner spricht sich die IHK für mehr Gütertransport auf der Schiene aus, dafür seien Terminals zu bauen, die Schiff, Schiene und Lkw verbinden. „In Bonn heißt es immer, man will, will, will, aber man tut nichts“, sagte Baumann-Duvenbeck.

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