Jobsuche zwischen Babywindel und Lungentest

Beim Aktionstag "Arbeitsplatz Krankenhaus" machten sich mehr als 600 Schüler aus dem Landkreis Neuwied ein Bild vom Klinik-Alltag

  Wissensdurst:  Im Elisabeth-Krankenhaus informieren sich die Schüler über die tägliche Arbeit in einem Hospital.

Wissensdurst: Im Elisabeth-Krankenhaus informieren sich die Schüler über die tägliche Arbeit in einem Hospital.

Foto: Privat

Kreis Neuwied. Wie hilft man einem Menschen auf die Kante des Krankenbettes, der sich selbst kaum bewegen kann und gut doppelt so viel Gewicht auf die Waage bringt wie man selbst? Ganz einfach: mit "Schinkenwackeln".

Das und vieles andere lernten rund 650 Schüler, die während der Aktion "Arbeitsplatz Krankenhaus" im Neuwieder Sankt Elisabeth Krankenhaus einen Blick hinter die Kulissen werfen durften.

Morgens um 9.30 Uhr vor dem Sankt Elisabeth Krankenhaus: Etwa 50 Schüler belagern den Platz vor dem Haupteingang der zur Marienhaus GmbH gehörenden Klinik und warten geduldig darauf, dass Doris Eyl-Müller und Gisela Kretzer ihnen die Richtung vorgeben.

Die Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises und die Beauftragte für Chancengleichheit der Agentur für Arbeit in Neuwied, die den Aktionstag gemeinsam mit dem Team von Schwester Hildegard Ulff und Jürgen Lichtenthäler geplant haben, schauen für einen kurzen Moment ein wenig skeptisch drein. Schließlich ist der Konferenzraum bereits mit Jugendlichen und Lehrern übervölkert, und auch auf den Fluren im Erdgeschoss drängen sich die Mädchen und Jungs.

Der Strom der Neuankömmlinge hingegen reisst nicht ab. Kein Wunder: Mit mehr als 600 jungen Leuten rechnen die Veranstalter an diesem Tag. "Und der Krankenhausbetrieb soll natürlich möglichst störungsfrei weiterlaufen", betont Doris Eyl-Müller. Pflegedirektor Ullrich Pötzl bleibt angesichts der Besuchermassen jedoch völlig gelassen.

Im Gegenteil, er freut sich sichtlich über das rege Interesse der jungen Leute am "Arbeitsplatz Krankenhaus." Allerdings, betonte er in seiner Begrüßung, ist gerade hier Flexibilität gefragt. "Denn wir bilden mehr Jugendliche aus, als wir später übernehmen können. Wer auf Dauer einen Arbeitsplatz haben will, der muss also in vielerlei Hinsicht flexibel sein."

Dennoch, stimmte Ulrike Wenner, stellvertretende Leiterin der Neuwieder Agentur für Arbeit mit Pötzl darin überein: Das Krankenhaus ist ein Arbeitsplatz mit Zukunft. Dafür spreche schon die Tatsache, dass die Gesellschaft immer älter werde und der Bedarf an Kranken- und Pflegepersonal damit beinahe zwangsläufig ansteigen werde.

Trotzdem, betonte Ulrike Wenner dürfe nicht übersehen werden, dass gerade im Gesundheitswesen enorm gespart werden müsse - was sich auch beim Personalschlüssel bemerkbar macht.

Doch für die Mädchen und Jungen, die aus dem ganzen Landkreis nach Neuwied gekommen waren, ging es vor allem um eins: Sie wollten wissen, welche Berufe es im Krankenhaus gibt - und was sich hinter der ein oder anderen Bezeichnung überhaupt verbirgt. Schnell war klar, warum Pflegedirektor Pötzl sich vom gewaltigen Schüleransturm nicht aus der Ruhe bringen ließ: Sein Team zeigte sich an diesem Tag von seiner besten Seite.

So erklärte etwa Schwester Verona auch noch nach vier Stunden und unzähligen Fragen, die es zu beantworten galt, ihren jungen Besuchern mit wahrer Engelsgeduld wie ein EKG erstellt und das Lungenvolumen getestet wird. Ein paar Zimmer weiter demonstrierte Uta Lindenstrauß das EEG - diesmal allerdings nicht an der lebenden Testperson, sondern an einem gehörig verkabelten Teddybär.

Im dritten Stock erklärte Schwester Anneliese derweil die Aufgaben einer Hebamme und verabreichte ihren jungen Besucherinnen gleich noch einen Gratis-Kurs in Babypflege, bevor die Elterngeneration von Morgen einen neugierigen Blick durch die Scheiben der Säuglingsstation werfen durfte.

Mitmachen war auch bei Schwester Yvonne und Schwesternschülerin Susi angesagt: Schier unermüdlich demonstrierten sie die Kunst, sachgerecht mit pflegebedürftigen Patienten umzugehen. Und natürlich kam bei all dem auch die Information nicht zu kurz.

So lernten die Schüler unter anderem die Ausbildungsverordnung in der Krankenpflege oder den Studiengang Betriebswirtschaft im Gesundheitswesen am Rhein-Ahr-Campus kennen und konnten sich gezielt über die Perspektiven informieren, die sich für bestimmte Krankenhausberufe abzeichnen.

Am Ende war alles mehr als glatt gelaufen. Die Patienten waren trotz des enormen Schülerandrangs weitgehend unbehelligt geblieben, die Organisatoren schauten zufrieden drein, und mancher Jugendliche, der sich unter den Blicken seiner Mitschüler zunächst nur unwillig als "Versuchskaninchen" zu Verfügung gestellt hatte, verließ das Krankenhaus voller Stolz mit einem Computerausdruck, der ihm erstklassige Herz- oder Lungenfunktionen bescheinigte.

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