Bevölkerung in der Region Junge Arbeitskräfte ziehen weg

BONN · Die Region um Bonn ist innerhalb Nordrhein-Westfalens eine der wirtschaftlich stärksten Regionen, im bundesweiten Standortwettbewerb fällt sie aber zurück.

Nachstehend die Stärken und Schwächen, die das Frankfurter Behrend-Institut in seiner Studie "Innovations- und Wissensbilanz Bonn/Rhein-Sieg" auflistet.

Bildung/Qualifizierung

In keiner anderen der 20 Vergleichsregionen ist der Anteil der Einwohner mit Hochschulabschluss so hoch wie in Bonn/Rhein-Sieg. Weit überdurchschnittlich ist auch der Anteil hochqualifizierter Beschäftigter. Eine Abiturientenquote von mehr als 50 Prozent sowie mehr als 40.000 Studierende in der Region stehen für ein gutes Angebot an wissenschaftlichem Nachwuchs auch in den nächsten Jahren.

Arbeitsmarkt

Im NRW-Vergleich liegt die Arbeitslosenquote in Bonn und der Region niedrig. Doch gerade in den vergangenen Jahren verlief die Entwicklung in der Region schlechter als im Landesdurchschnitt und deutlich schlechter als im Bundesdurchschnitt. Zwischen 2008 und 2014 nahm die Zahl der Arbeitslosen in der Region um 1,1 Prozent zu, bundesweit ging sie um 11,3 Prozent zurück.

Eine weit unterdurchschnittliche Erwerbsquote und eine hohe Sockelarbeitslosigkeit mit vielen Langzeitarbeitslosen zeigen, "dass das Arbeitskräftepotenzial nicht optimal genutzt wird", heißt es in der Studie.

Abwanderung

Mehr junge Leute im Alter von 18 bis 25 Jahren strömen in die Region als aus ihr abwandern. Doch das ist nur scheinbar ein gutes Zeichen: Denn in der Altersgruppe 25 bis 30 Jahre ziehen deutlich mehr Frauen und Männer aus der Region weg als zuziehen. Studienautor Rainer Behrend: "Die jungen Menschen kommen zum Studieren, ihren Arbeitsplatz suchen sie sich häufig aber dann woanders."

Bevölkerungsentwicklung

Die Volkszählung 2011 brachte für Bonn und den Rhein-Sieg-Kreis ein ernüchterndes Ergebnis: Die Region zählt nicht mehr zu den markanten Wachstumsregionen, seit der Jahrtausendwende ist die Einwohnerzahl insgesamt sogar leicht gesunken. In der Studie heißt es: "Die Anziehungskraft anderer Vergleichsregionen wie Münster, Leipzig oder Mannheim/Heidelberg ist deutlich höher."

Forschung

Die Region zählt zu den Schwerpunkten außeruniversitärer Forschung in Deutschland. Sage und schreibe sechs Fraunhofer-Institute, drei Leibnitz-Institute und drei Max-Planck-Einrichtungen sind vertreten. Doch diese Forschungsintensität setzt sich nicht in den Unternehmen fort. Der Anteil der betrieblichen Aufwendungen für Forschung und Entwicklung beträgt in der Region nur 0,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.

Allein mit der relativ geringen Bedeutung der Industrie ist das nicht zu erklären. Zum Vergleich: In Karlsruhe sind es 4,4 Prozent, in Dresden 4,2 Prozent. Bei internationalen Patentanmeldungen rangiert die Region im interregionalen Vergleich mit knapp 1000 Anmeldungen je eine Million Einwohner in der Zeit von 2008 bis 2011 im Mittelfeld.

"Allerdings ist der Abstand zu den führenden Regionen beträchtlich: So wurden in der gleichen Zeit in der Region Nürnberg/Erlangen fast dreimal so viele Patente angemeldet", heißt es in der Studie.

Kommunikation

Im Vergleich zu anderen regionen fehlen institutionalisierte Netzwerke aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik.

Empfehlungen

Die Studie empfiehlt, mehr Wohnraum zu schaffen, für bessere Integration in den Arbeitsmarkt zu sorgen, praxisnähere Studiengänge an der Uni Bonn, eine bessere Vernetzung von Politik, Wissenschaft und Wirtschaft sowie einen stärkeren Fokus auf Themen wie Industrie 4.0.

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