Karstadt in Bonn rechnet nicht mit Stellenabbau

Personalleiter Kleinwächter spricht von einer "positiven Entwicklung in Bonn" - Das Filialennetz soll laut Konzern nach heutigem Stand erhalten bleiben

220 Mitarbeiter  arbeiten bei Karstadt in der Bonner Innenstadt.

220 Mitarbeiter arbeiten bei Karstadt in der Bonner Innenstadt.

Foto: Lannert

Bonn. Das wohl größte Sparprogramm in der Firmengeschichte von KarstadtQuelle wird an der Bonner Filiale von Karstadt spurlos vorbeigehen. Davon zumindest gehen die Bonner aus. "Wir rechnen in keinster Weise mit Stellenabbau", sagte Personalleiter Peter Kleinwächter am Montag dem General-Anzeiger.

Der Konzern hatte nach der Flaute im Warenhausgeschäft den Abbau von 4 000 Stellen für Ende 2006 angekündigt. Filialen sollen vorerst nicht geschlossen werden. Lediglich drei Häuser seien von auslaufenden Mietverträgen betroffen, darunter ein Sporthaus in Krefeld.

In Bonn freut man sich unterdessen über zehn neue Mitarbeiter, die in diesem Jahr neu eingestellt wurden.

Für drei weitere Stellen sucht Personalleiter Kleinwächter noch geeignete Kollegen. "Wir verstärken die Mannschaft in Bonn außerdem mit vier neuen Auszubildenden", berichtete er. In Bonn und der Filiale in Sankt Augustin beschäftigt Karstadt rund 250 Mitarbeiter, 220 davon in Bonn.

Grund für seinen Optimismus ist laut Kleinwächter eine "positive Entwicklung in Bonn". Wie genau diese sich bemerkbar macht, konnte er nicht sagen. Aber auch ein Konzernsprecher am Essener Hauptsitz sagte, er könne sich gut vorstellen, dass die Geschäfte in Bonn gut laufen. "Die Filiale dort ist relativ neu strukturiert."

Ausschließen könne er einen Stellenabbau am Standort Bonn allerdings nicht. In welchen Filialen Stellen abgebaut werden sei von der jeweiligen Umsatzentwicklung abhängig und entscheidet sich nach seinen Angaben nicht vor September. Nur ein Drittel der 4 000 betroffenen Arbeitsplätze seien Arbeitsplätze in den Häusern, zwei Drittel dagegen in der Verwaltung.

Dierk Sessinghaus vom Einzelhandelsverband Bonn/Rhein-Sieg überrascht die Entwicklung bei KarstadtQuelle nicht: "Wir gehen davon aus, dass die schlechte Konjunktur in vollem Maß auch bei den großen Warenhäusern zuschlägt."

In den nächsten Monaten kommen auch die anderen Standbeine - Versandhandel und Dienstleistungen - auf den Prüfstand.

Bei der Touristik-Tochter Thomas Cook, an der KarstadtQuelle und die Lufthansa je 50 Prozent halten, wird schon fleißig saniert. Und nicht nur KarstadtQuelle handelt. Auch der Konkurrent Kaufhof spitzt den Rotstift und will in der Zentrale in Köln Kosten sparen. Von einem Sanierungsfall sei Kaufhof aber weit entfernt, hatte Konzernchef Hans-Joachim Körber noch kürzlich betont.

Für den Kunden soll sich der Sparkurs bei Karstadt unbemerkt vollziehen. Die Standorte bleiben nach heutigem Stand erhalten, das Verkaufspersonal soll nicht vom Stellenabbau betroffen sein, um den Service nicht zu verschlechtern.

Schuld an der Misere geben die Karstadt-Betriebsräte dem Management. So sei die "Sortimentspolitik" verfehlt. Früher sei die große Stärke von Karstadt ein breit gefächertes Angebot gewesen. Heute gebe es ein "Standardsortiment", das auch die Konkurrenz biete.

Zudem hätten unter dem permanenten Personalabbau der vergangenen Jahre Beratung und Service gelitten, heißt es beim Betriebsrat in Hannover. Der neue Vorstandsvorsitzende Christoph Achenbach hat sich 100 Tage für eine Bestandsaufnahme erbeten. Zusammen mit dem neuen Aufsichtsratschef Thomas Middelhoff will er den Konzern wieder flott machen.

Middelhoff ist erst seit wenigen Wochen bei KarstadtQuelle und schon ist die Handschrift des 51-Jährigen deutlich zu erkennen. Der Sanierer regiert mit harter Hand und großem Tempo. Vor nicht einmal zwei Jahren hatte der umtriebige Manager den Chefsessel der Bertelsmann AG in Gütersloh freigeben müssen. Middelhoffs Börsenpläne gefielen dem Firmenpatriarchen Reinhard Mohn nicht.

KarstadtQuelle mit seinen rund 100 000 Beschäftigten war nach einem schwachen Jahr 2003 auch ins neue Jahr schlecht gestartet. Im ersten Quartal vergrößerte sich der Konzernverlust gegenüber dem Vorjahreszeitraum um mehr als das Vierfache auf 110 Millionen Euro. Verantwortlich waren die Kerngeschäftsfelder stationärer Einzelhandel und Versandhandel.ga/dpa

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