Bonner Kaufhäuser Kaufhof und Karstadt gehören zu Einzelhandelsriesen

Bonn · Der Bundeskartellamt hat dem Zusammenschluss von Karstadt und Kaufhof zugestimmt. Damit entsteht ein Einzelhandelsriese mit 32.000 Mitarbeitern - und zwei Warenhäusern nebeneinander in Bonn.

 Die Filiale von Karstadt an der Poststraße, ehemals Hertie.

Die Filiale von Karstadt an der Poststraße, ehemals Hertie.

Foto: Benjamin Westhoff

Es sind nur ein paar Schritte. Wer in Bonn von Kaufhof zu Karstadt will, muss nur über den Münsterplatz gehen. Hier das Traditionswarenhaus, seit 1901 in Bonn, dort die Filiale des Essener Konzerns, die bis vor 20 Jahren unter „Hertie“ firmierte – es waren immer Konkurrenten. Das gehört nun der Vergangenheit an. Das Bundeskartellamt in Bonn hat die Fusion der beiden Warenhäuser, die im September besiegelt worden war, am Freitag gebilligt.

„Wir haben das Vorhaben intensiv geprüft. Weder aus der Perspektive der Verbraucher, noch aus Sicht der Hersteller und Lieferanten gab es durchschlagende wettbewerbliche Bedenken“, sagte Kartellamtspräsident Andreas Mundt. Karstadt und Kaufhof hätten nicht nur viele Konkurrenten im stationären Geschäft. Auch der Online-Handel sorge für zusätzlichen Wettbewerbsdruck.

Der neue Einzelhandelsriese wird europaweit 243 Standorte haben und rund 32.000 Mitarbeiter beschäftigen. Unter dem Dach der neuen Holding werden nicht nur die deutschen Kaufhof- und Karstadt-Filialen vereint, sondern auch die Karstadt-Sporthäuser, die europäischen Filialen der Outlet-Kette Saks Off 5th, die Galeria-Inno-Kaufhäuser in Belgien, die erst kürzlich gegründeten Hudson's-Bay-Warenhäuser in den Niederlanden sowie Internet-Anbieter.

Signa-Holding hält die Mehrheit

Die Signa-Holding von Karstadt-Eigentümer René Benko wird die Mehrheit am neuen Unternehmen halten: Signa erhält 50,01 Prozent der Anteile, der kanadische Kaufhof-Eigentümer HBC 49,99 Prozent. An den Kaufhof-Immobilien, die viele Milliarden wert sind, wird Signa künftig mit 50 Prozent beteiligt sein. Kaufhof und Karstadt macht seit Jahren der Siegeszug von Billiganbietern wie Primark und Online-Händlern wie Amazon oder Zalando zu schaffen. Kaufhof kämpft seit der Übernahme durch HBC 2015 mit Umsatzrückgängen und roten Zahlen. Karstadt hat nach harter Sanierung unter Führung Stephan Fanderls gerade erst die Rückkehr in die schwarzen Zahlen geschafft; er soll auch das neue Unternehmen führen.

Von dem Zusammenschluss erhoffen sich die beiden Ketten eine Verbesserung ihrer Wettbewerbsposition. Die Bündelung von Einkaufsmacht dürfte es Kaufhof und Karstadt ermöglichen, bessere Konditionen von den Lieferanten zu bekommen. Synergien soll es auch bei Verwaltung, Datenverarbeitung und Logistik geben. Fanderl betonte bei der Bekanntgabe der Fusionspläne, die Warenhausketten hätten mit der Fusion „eine ideale Lösung gefunden, um sich im umkämpften deutschen und europäischen Einzelhandelsmarkt erfolgreich zu positionieren“. Was die Fusion für Beschäftigte und Kommunen bringen wird, ist noch ungewiss. Weder gibt es Zahlen zum erwarteten Stellenabbau, noch Angaben über mögliche Schließungen. Karstadt-Eigentümer René Benko: „Natürlich müssen wir sanieren, aber wir werden wie bisher um jede Filiale kämpfen und versuchen, sie in die schwarzen Zahlen zu bringen.“

Mahnende Worte sprachen die Arbeitnehmervertreter: „Bei uns geht es nicht nur um Umsatz und Immobilien, sondern zuerst um die Beschäftigten und ihre Familien“, sagte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger. Die Gewerkschaft werde die Tarifkommissionen von Kaufhof und Karstadt zusammenholen, um über weitere Schritte zu beraten. Dabei hätten Standort- und Beschäftigungssicherung sowie die Anwendung der Flächentarifverträge hohe Priorität. Der Vize-Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats von Galeria Kaufhof, Siegfried Fichna, sagte: „Wir erwarten, dass die Beschäftigten beteiligt und die Arbeitnehmervertreter in Gespräche auf der Entscheidungsebene eingebunden werden.“

Einzelhandelsverband optimistisch

Zwei Standorte eines Einzelhandelsriesen in Bonn, noch dazu nebeneinander – kann das auf Dauer gut gehen? Jannis Vassiliou, Vorsitzender des Einzelhandelsverbands Bonn/Rhein-Sieg/Euskirchen, ist optimistisch. „Ich gehe davon aus, dass die beiden Bonner Warenhäuser unter der Fusion nicht zu leiden haben“, sagte er auf Anfrage. Beides seien gut geführte Häuser, und beide hätten für die Bonner City zuletzt „neue Akzente“ gesetzt: Karstadt durch die Kooperation mit Aldi und dm, Kaufhof durch die Topshop-Filiale. In Zukunft bestehe die Chance, die Sortimente beider Warenhäuser besser aufeinander abzustimmen, so Vassiliou: „Wenn sich beide dann gut ergänzen, ist das positiv für den Endverbraucher.“

In der Region ist Kaufhof traditionell stärker verbreitet: Am Hauptsitz Köln arbeiten 1250 Mitarbeiter im Service-Center, In Köln gibt es drei Filialen (600 Mitarbeiter) sowie jeweils eine in Siegburg (100 Mitarbeiter) und in Euskirchen (70 Mitarbeiter). Bonn kommt auf 350 Beschäftigte. Karstadt ist auch in Köln vertreten, hat seinen Schwerpunkt aber im Ruhrgebiet und in Westfalen. Zu Beschäftigtenzahlen machte Karstadt auf Anfrage keine Angaben. (mit dpa)

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