Kinowelt AG steht kurz vor der Insolvenz

Niederländische Bank kündigte den Münchnern Kredit über 100 Millionen Mark - Kinopolis-Kette wird wahrscheinlich verkauft - Geschäftsführer: Keine Gefahr für Godesberger Multiplex-Kino

München/Bonn. Das Münchner Unternehmen Kinowelt Medien AG steht vor der Insolvenz. Wie eine Sprecherin am Montag mitteilte, habe die niederländische Bank ABN Amro "überraschend" einen über mehr als 100 Millionen Mark laufenden Kredit bis kommenden Mittwoch gekündigt. Falls in den seit Monaten laufenden und nun intensivierten Bankgesprächen nicht kurzfristig neue Kreditlinien eröffnet werden, müsse das im Neuen Markt notierte Medienunternehmen binnen drei Wochen vor den Konkursrichter treten, da man die Summe nicht aufbringen könne, sagte eine Firmensprecherin auf Anfrage.

Die Folgen einer Pleite würden auch in Bonn zu spüren sein. Schließlich gehört das Bad Godesberger Kinopolis neben rund 20 anderen Multiplex-Filmtheatern zur Kinowelt-Gruppe. Doch der Godesberger Kinopolis-Geschäftsführer Mustafa El Mesaoudi macht sich keine Sorgen um das 1998 eingeweihte Multiplex-Kino. "Probleme gibt es bei der Kinowelt wohl eher beim Merchandising und im Lizenzhandel", so El-Mesaoudi, "wir schreiben hier schwarze Zahlen. Warum sollte man das Haus dann schließen ?"

Auch wenn es keine Schließung geben wird, so könnte das Kinopolis doch bald in einer anderen Muttergesellschaft untergebracht werden. Denn schließlich könnte die Kinowelt Medien Bares momentan gut gebrauchen. Es sei bereits gelungen, das "Geschäft zu straffen", so eine Sprecherin. Damit ist das Bemühen gemeint, diverse Unternehmensteile zu verkaufen. Gelungen ist dies aber erst bei einer Filmverleih-Tochter.

Bei den größeren Brocken - unter anderem den erst jüngst zugekauften Multiplex-Kinos und der profitablen Sparte Inflight-Entertainment, die weltweit Fluggesellschaften mit Filmprogramm versorgt - seien die Gespräche "sehr weit fortgeschritten". Wenn alle geplanten Verkäufe vollzogen werden, würde die Kinowelt-Belegschaft von einst knapp 1 000 auf weniger als 100 Mitarbeiter schrumpfen. Der Konzern, der 2000 noch gut 600 Millionen Mark umgesetzt hatte, würde zum Kleinunternehmen werden.

Doch noch sehen die Münchner Chancen. Man sei "guter Dinge", bei den Kreditinstituten doch noch Entgegenkommen zu erreichen. "Wir sind in Zeitdruck," räumte eine Kinowelt-Sprecherin jedoch ein. Bis zuletzt hatten sich befragte Banken geweigert, frisches Geld zur Verfügung zu stellen, so dass ein bleibendes Nein von ABN Amro wohl das Aus für die Münchner bedeuten würde. Die Börsen haben ihr Urteil bereits gefällt. Die einst bei 84 Euro notierende Aktie von Kinowelt verlor wegen der Konkursgefahr am Montag rund 30 Prozent auf etwa 60 Cent.

Dagegen will Kinowelt jüngst mit Ausnahme der Niederländer positive Signale seitens der Kreditgeber verspürt haben. Denn es sei binnen weniger Monate gelungen, den für 2001 und 2002 zu erwartenden Cash Flow, also die Entwicklung der flüssigen Mittel, von minus auf plus 150 Millionen Mark gedreht zu haben, betonte eine Konzernsprecherin. "Wir haben eine positive Entwicklung," meinte sie.

Kreditgebende Banken sprechen dagegen seit Monaten hinter mehr oder weniger vorgehaltener Hand von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit des von Vorstandschef Michael Kölmel in die Krise geführten Unternehmens. "Durch Bankschulden von über 800 Millionen Mark ist das Überleben der Gesellschaft nicht sichergestellt," räumte Kinowelt jüngst selbst ein. Umschuldung der dem Vernehmen nach 600 Millionen Mark kurzfristigen Kredite allein kann den früheren Hoffnungsträger am Neuen Markt aber nicht retten.

Als weiteres Problem gilt ein 1999 vom US-Konzern AOL Time-Warner im Rausch des damaligen Höhenflugs für gut eine halbe Milliarde Mark überteuert ersteigertes Filmpaket, das die Münchner bislang nicht weiterverkaufen und somit nicht mehr finanzieren können. Deshalb stehen sie mit dem US-Studio in Verhandlungen. Vermutlich soll der Deal rückgängig gemacht werden, um Zahlungsverpflichtungen zu entrinnen, wie das bereits vor kurzem bei einem kleineren Filmpaket gelungen ist. Kinowelt sei zuversichtlich, auch mit AOL Time-Warner "kurzfristig" zu einer Lösung zu kommen, sagte eine Sprecherin lapidar.

Zum Halbjahr haben die Münchner, die für Freitag einen neuen Zwischenbericht planen, fast 400 Millionen Mark Verlust bei 232 Millionen Mark Umsatz ausgewiesen.

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