Kleinere Firmen suchen nicht die Nähe der Giganten

IT-Unternehmen schätzen die Bonner Verkehrsanbindung mehr als die Industrie- und Handelskammer

  Straße ins Nichts:  Während die IHK den Ennertaufstieg anmahnt, stellen IT-Unternehmen der Verkehrsanbinung ein gutes Zeugnis aus.

Straße ins Nichts: Während die IHK den Ennertaufstieg anmahnt, stellen IT-Unternehmen der Verkehrsanbinung ein gutes Zeugnis aus.

Foto: Barbara Frommann

Bonn. Fakten, Fakten, Fakten interessieren Unternehmer aus der Informations- und Telekommunikationsbranche, wenn es um den Standort Bonn geht. Erst auf dem fünften Platz der Hitliste taucht mit dem Schlagwort Wohnumfeld der erste weiche Standortfaktor auf.

Das ergab eine Umfrage von Industrie- und Handelskammer (IHK) und Geographischem Institut, an der sich 100 Unternehmen beteiligten. Ein Kopf-an-Kopf-Rennen lieferten sich überregionale Verkehrsanbindung mit einer Note von 2,0, günstige Büro- und Gewerbeflächen (2,2) und die Verfügbarkeit qualifizierter Mitarbeiter (2,3). Auf das Spitzentrio folgt die mit der Verkehrsanbindung artverwandte Nähe zu wichtigen Wirtschaftsräumen. Und den fünften Rang teilt sich die innerörtliche Verkehrsanbindung mit dem Wohnumfeld. Dicht gefolgt vom Thema Bildung auf dem sechsten Platz.

Keinen Widerspruch sieht Projektleiter Michael Kunze zwischen der ausgesprochen positiven Bewertung der Bonner Verkehrsverhältnisse in der Umfrage und der von der IHK eingeforderten Südtangente und einer besseren Nahverkehrsanbindung an Flughafen und ICE. "Trotzdem gibt es da Probleme", hält er an den IHK-Kritikpunkten fest.

Mehr Gewicht misst er einem Ergebnis am unteren Ende der Ergebnis-Skala bei: Mit Noten von 4 und schlechter werten die befragten Unternehmen die Kontakte zur Post, zu T-Mobile und ihren Töchtern, aber auch zu den lokalen Forschungseinrichtungen als relativ unbedeutende Standortfaktoren. Damit lassen sie die oft kolportierte Behauptung, dass kleine Unternehmen der Branche im Fahrwasser der Groß-Konzerne nach Bonn kommen, als Ammenmärchen erscheinen.

Was Kunze sich mit der geringen Mitarbeiterzahl vieler der befragten Unternehmen zu erklären versucht. Allenfalls zehn Prozent von ihnen seien potenzielle Auftragnehmer der Branchen-Riesen, knapp 67 Prozent von ihnen beschäftigen weniger als zehn Mitarbeiter. Dennoch behalten die Flaggschiffe für Kunze eine große Bedeutung für den Standort: "Post und Telekom stärken den Standort und verhelfen ihm zu internationaler Wahrnehmung und Ansehen. Davon profitieren auch die kleinen und mittleren Unternehmen in der Region."

Neben Wohnqualität und Bildung rangieren persönliche Bindung zur Region, Image der Stadt Bonn sowie Naherholung und Kulturangebot bei den weichen Standortfaktoren weit vorne und pendeln zwischen 2 plus und guter 3. Für Projektleiter Kunze ein unverzichtbares Gesamtkunstwerk: "Die Lebensqualität bildet in ihrer Gesamtheit einen wesentlichen Standortfaktor in unserer Region." Persönliche Bindungen zur Stadt spielen nach seinen Erkenntnissen gerade auch bei Unternehmensgründungen eine Rolle. Nicht so gut schneidet dagegen das Standortmarketing der Stadt Bonn ab: Mit 4,0 bewerten es die Befragten als gerademal ausreichend.