Wirtschaftspolitische Positionen vor den Kommunalwahlen IHK Bonn/Rhein-Sieg: „Digitale Talente müssen hier bleiben“

Bonn · Die Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg hat vor den Kommunalwahlen wirtschaftspolitische Positionen veröffentlicht. Dieses Papier soll als Orientierung dienen, wie eine wirtschaftsfreundliche Politik aus Sicht der Unternehmen gestaltet sein sollte.

Mehr Staus absehbar: Die Folgen der Sanierung des Tausendfüßlers an der A565 bereitet der IHK Sorgen.

Mehr Staus absehbar: Die Folgen der Sanierung des Tausendfüßlers an der A565 bereitet der IHK Sorgen.

Foto: Volker Lannert

Es hat Tradition: Vor den Kommunalwahlen veröffentlicht die Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg ihre wirtschaftspolitischen Positionen. Dieses Papier soll der regionalen Politik und Verwaltung als Orientierung dienen, wie eine wirtschaftsfreundliche Politik aus Sicht der Unternehmen gestaltet sein sollte und an welchen Stellen die Unternehmen besonderen Handlungsdruck sehen. Die Palette der Themen reicht von Arbeitsmarkt bis Wohnraumbedarf, von Industrie bis Verkehr.

Als eines der Themen mit dem größten Stellenwert sieht IHK-Präsident Stefan Hagen die Digitalisierung an: „Die Corona-Krise zeigt, wie wichtig eine gute digitale Ausstattung ist.“ Um Schüler, Auszubildende und Studenten auf das Berufsleben vorzubereiten, müssten sich auch Schulen, Hochschulen und berufliche Bildungsträger stärker auf die Digitalisierung einstellen. Dies bedürfe sowohl einer entsprechenden technischen Ausstattung als auch einer Qualifizierung des Lehrpersonals. Es sei ein Unding, dass Kommunen als Träger der Schulen Fördermittel des Bundes für die Digitalisierung in der Vergangenheit nicht hinreichend abgerufen hätten. So verbaue man die Zukunft: „Digitale Talente müssen in der Region bleiben.“ Auch die Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Homeoffice in der Krise unterstreiche die Bedeutung einer guten Versorgung mit Breitbandanschlüssen.

Fortschritte beim Thema Verkehr

Auch Fortschritte beim Thema Verkehr sieht er als wesentlich für die Entwicklung der Region an. Hagen plädiert dafür, „ideologiefrei“ den Ausbau aller Verkehrsträger in den Blick zu nehmen. Der Neubau des Tausendfüßlers auf der A565 werde in der Region zu noch größeren Stauproblemen führen, die kommunalpolitisch klug abgefedert werden müssten, da sonst nicht nur Firmen mit ihrem Lieferverkehr ein großes Problem bekämen.

Das Thema Industrie hat natürlich einen prominenten Platz in den wirtschaftspolitischen Positionen: „Wir müssen sehen, dass die Unternehmen nicht aus der Region abwandern“, fordert der IHK-Präsident. Das betreffe wachsenden Flächenbedarf bei Firmenerweiterungen genauso wie die Länge von Genehmigungsverfahren.

Nachhaltigkeit steht auf der Agenda

Künftig will sich die IHK verstärkt dem Thema Nachhaltigkeit widmen. „Es ist ein enormer Druck entstanden, mit dem sich die Wirtschaft auseinander setzen muss“, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Hubertus Hille. Spätestens durch die Klimadebatte würden auch Kinder kritische Fragen stellen. Dabei weiß die IHK-Spitze genau, dass die Interessenlage der 54 000 Mitgliedsunternehmen höchst unterschiedlich ist: Industriefirmen, die selbst Schadstoffe emittieren, haben natürlich andere Vorstellungen als reine Dienstleister. Ein solches Spannungsfeld müsse ein Gremium aushalten. Man werde sich Zeit für die Debatte nehmen, und am Ende stünden demokratische Abstimmungsprozesse.

Sorge bereitet der IHK die wachsende Arbeitslosigkeit. In der Stadt Bonn liege die Arbeitslosenquote mittlerweile um 1,7 Prozentpunkte über dem Bundesdurchschnitt, ohne dass die Ursachen dafür klar seien, so Hagen. Einen Grund sieht die IHK darin, dass die Ausbildungs- und Studienorientierung zu einseitig sei: Der Dienstleistungsschwerpunkt und die hohe Akademiker- und Beamtenquote machen sich auch in einer zu einseitigen Berufs- und Studienorientierung der heranwachsenden Generation bemerkbar.

Viel Aufregung verzeichnet Hille rund um das Thema Sofort- und Überbrückungshilfen für Selbstständige in der Corona-Krise. Einerseits sei es toll gewesen, wie schnell Regeln für Hilfen aufgestellt wurden, zum anderen habe es dabei aber auch ungenaue Formulierungen gegeben, die jetzt zu Rückzahlungsforderungen führten. Es sei gut, dass jetzt über Lösungen beraten werde.

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