Lebensmittelmesse Anuga in Köln Ernährungsindustrie und Gastgewerbe beklagen Umsatzeinbußen

Köln · Die Lebensmittelmesse Anuga in Köln startet am 9. Oktober wieder in Präsenz. Anders als Ernährungsindustrie und Gastgewerbe verzeichnete der deutsche Lebensmittelhandel im Vorfeld Umsatzsteigerungen. Der klassische Supermarkt habe vom veränderten Einkaufsverhalten in der Pandemie profitiert.

 2019 konnten Besucher bei der Anuga Insektenbällchen aus Mehlwürmern probieren.

2019 konnten Besucher bei der Anuga Insektenbällchen aus Mehlwürmern probieren.

Foto: dpa/Roberto Pfeil

Die Lebensmittelmesse Anuga öffnet in Köln nach coronabedingter Zwangspause am 9. Oktober wieder ihre Tore. „Mit der Anuga geht, wie Sie alle wissen, unsere größte Fachmesse hinsichtlich Ausstellerumfang und Flächenbelegung im regulären Modus an den Start“, sagte Gerald Böse, Vorsitzender der Geschäftsführung der Koelnmesse GmbH, bei der Wirtschaftspressekonferenz im Vorfeld der Anuga. Trotz aller Vorfreude auf eine Messe in Präsenz mit 4000 Ausstellern aus 94 Ländern beklagten besonders die Interessenvertreter der Ernährungsindustrie und des Gastgewerbes weiterhin große Umsatzeinbrüche.

Die Anuga findet laut Böse in Präsenz und digital statt. Der Fokus liege auf dem Wandel der Ernährung. So sollen bei der New Food Conference zum Beispiel zellbasierte Proteine und sogenanntes „Laborfleisch“ diskutiert werden.

„Klassische Supermärkte“ in Pandemie beliebter

Laut Franz-Martin Rausch, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes des Deutschen Lebensmittelhandels (BVLH), stieg der Umsatz seiner Branche im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 2,9 Prozent. Nach Angaben der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) konnten die Supermärkte ihren Umsatz sogar um 6,3 Prozent erhöhen, während Discounter 1,4 Prozent weniger einnahmen. Diese Entwicklung erklärte Rausch damit, dass mehr Menschen in der Pandemie nur in einem Laden und insgesamt seltener ihre Einkäufe erledigten. „Der klassische Supermarkt hat in dieser Zeit an Attraktivität gewonnen.“

Im August stiegen laut Statistischem Bundesamt die Preise für Nahrungsmittel um 4,6 Prozent im Vergleich zum August 2020. Grund dafür ist laut Rausch die coronabedingte Mehrwertsteuersenkung im Vorjahr, aber auch der sogenannte Trading-Effekt. Der trete ein, wenn Konsumenten teurere Lebensmittel kauften. Außerdem stieg laut GfK der Anteil der Haushalte, die auf nachhaltige und gesunde Produkte Wert legen von 25 Prozent (2009)  auf 40 Prozent (2021).

Lebensmittelindustrie beklagt Verluste

Die Halbjahresbilanz der Lebensmittelindustrie fiel „nicht so freudig“ aus, wie Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer des Lebensmittelverbands Deutschland sowie der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE), mitteilte. Die Branche verzeichne Umsatzeinbußen von 3,3 Prozent im Vergleich zu 2020. Grund dafür sind laut Minhoff sinkende Verbrauchs- und steigende Rohstoffpreise, unter anderem wegen niedriger Ernteerträge, aber auch fehlende Erntehelfer und logistische Probleme durch die Pandemie.

Die positiven Exportentwicklungen (Umsatz-Plus von 1,2 Prozent) konnten die inländischen Verluste laut Minhoff nicht ausgleichen. Der Brexit führe außerdem zu einem Umsatzrückgang von rund 17 Prozent beim Handel mit dem Vereinigten Königreich. Für die Zukunft brauche es klare Regeln für die Logistik und ein Handelsabkommen, sagte Minhoff.

Dehoga-Hauptgeschäftsführerin: „Einen Lockdown darf es nie wieder geben“

Besonders schwere Einbußen verzeichnet weiter das Gastgewerbe. Dort lag der Umsatz im ersten Halbjahr 2021 um 38 Prozent unter den Zahlen vom Vorjahr. „Seit Beginn der Krise haben unsere Betriebe rund 65 Milliarden Euro Umsatz verloren“, sagte Ingrid Hartges, Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga).

Nach den Öffnungen steige die Zuversicht im touristischen Bereich, aber Businesshotels, Eventcaterer und Diskotheken beklagten weiter große Umsatzausfälle. Hartges betonte: „Einen Lockdown darf es nie wieder geben.“ Mit Blick auf die Bundestagswahl fordert der Dehoga die „überfällige“ Mehrwertsteuersenkung.

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