Niedriger Rheinpegel Lieferengpässe beim Heizöl in Bonn und der Region

Bonn · Schiffe können aufgrund des Niedrigwassers im Rhein derzeit nur noch einen Bruchteil laden. Heizölhändler haben es dadurch schwer, an Nachschub zu kommen. Die ersten lokalen Anbieter sitzen bereits auf dem Trockenen.

Die Vorräte sind aufgebraucht, die letzten Liter Heizöl ausgeliefert. Nachschub? Fehlanzeige. „Wir sitzen auf dem Trockenen“, sagt Stephanie Surewaard, Geschäftsführerin von Heizöl Weber. Der Betrieb in Alfter muss seine Kunden vorerst vertrösten. Von Shell Oil Deutschland in Godorf und Wesseling sei derzeit kein Öl zu bekommen, sagt Surewaard.

Auch andere Händler berichten von einer angespannten Versorgungslage. Wegen des extremen Niedrigwassers auf dem Rhein können die Schiffe nur noch einen Bruchteil ihrer üblichen Ladung transportieren. Das wirkt sich nicht nur auf die Händler aus, sondern auch auf die Versorgung von Tankstellen. Zudem trägt der erhöhte logistische Aufwand dazu bei, dass der Ölpreis steigt.

Im Versorgungsnetz spielt die Shell-Raffinerie in Godorf und Wesseling eine wichtige Rolle. Sie erhält ihr Rohöl via Pipeline. Deshalb laufe die Produktion ungehindert, sagt Sprecher Jan Zeese. Zugleich ist Shell aber auch auf die Schifffahrt angewiesen, vor allem beim Absatz der Produkte. 34 Prozent davon werden per Schiff transportiert.

Während ein Frachtschiff normalerweise vier Millionen Liter Öl transportieren kann, sind es zurzeit nur noch etwa 20 Prozent – also 800.000 Liter. Die Verladung am Godorfer Hafen sei zwar eingeschränkt, aber er arbeite, so Zeese. Derzeit versuche Shell, Fracht auf andere Verkehrsträger umzusteuern. Grundsätzlich gelte: Alle Händler, mit denen Shell feste Rahmenverträge hat, würden beliefert. Nur am sogenannten Spotmarkt – an dem Händler kurzfristig Ölprodukte beziehen – gebe es Liefereinschränkungen.

Längere Wege zum Auftanken

Die Firma Weber muss sich nun nach Alternativen umschauen. Sie wird auf die Beneluxländer ausweichen, um die Heizölbestände aufzutanken. „Das ist mit einem erheblichen zeitlichen und administrativen Aufwand verbunden“, berichtet Surewaard. So musste der Betrieb erst einmal eine Lizenz für den internationalen Lieferverkehr beantragen. Wie hoch Mehraufwand und Mehrkosten letztlich sind, lasse sich nicht beziffern, sagt die Geschäftsführerin.

Es komme vor, dass Betriebe nun weitere Wege zurücklegen müssten, um an Öl zu kommen, sagt der Kölner Händler Jürgen Kops. „Es ist sicherlich etwas aufwendiger geworden, aber einen Engpass sehe ich nicht.“

Für die Firma Witter Öl, Sieg-Bröl-Heizöldienst, ist die Versorgungssituation ungewöhnlich: „So etwas haben wir in der Region noch nie erlebt“, sagt Erna Witter. Ihr Betrieb sei aber weiter in der Lage, Kunden zu beliefern. Er gebe nach Möglichkeit nicht zu große Mengen Heizöl aus, damit mehrere Kunden zum Zuge kommen. „1000 Liter reichen aus, um über die nächste Zeit zu kommen“, so Erna Witter. „Die Kunden reagieren sehr einsichtig. Wir versuchen, die Situation zusammen mit ihnen zu meistern.“ Ähnlich verfährt die Bonner Firma Knauber: „Unseren Kunden raten wir, ruhig zu bleiben, keine Vorkäufe zu tätigen und nur aktuelle Bedarfe abzudecken“, so Sprecherin Maike Hagedorn. Die Kunden könnten weiter „gut bedient“ werden.

Heizölpreis steigt

Die kompliziertere und teurere Logistik trage dazu bei, dass der Heizölpreis steige, sagt Aribert Peters vom Bund der Energieverbraucher. „Schon seit dem Sommer lässt sich ein starker Anstieg beobachten“, erklärt er. Der Preis lag laut Verbraucherportal Tecson am Montag im Bundesschnitt bei 87,5 Cent pro Liter (bei Abnahme von 3000 Litern) – im Juni und im Juli waren es weniger als 70 Cent. 2017 schwankte er zwischen 50 und 63 Cent, 2016 lag er noch unter diesem Niveau. „Öl war lange relativ billig, was die Knappheit dieses Rohstoffs in keiner Weise abgebildet hat“, erklärt Peters. Verbraucher müssten sich langfristig auf steigende Preise einstellen und sich wappnen, durch Maßnahmen zum Energiesparen in den eigenen vier Wänden oder bei der Mobilität.

An Tankstellen drohen Engpässe

Die schwierige Versorgungslage wirkt sich auch auf die Tankstellen aus. Stephan Zieger, Geschäftsführer des Bundesverbandes Freier Tankstellen mit Sitz in Bonn, bestätigte, dass es an einzelnen Tankstellen für einige Stunden keinen Treibstoff gebe. Grund sei die angespannte Logistikkette. „Die Tankwagen müssen jetzt länger fahren“, so Ziegert. Es sei keine dramatische Situation, aber der Markt sei in Unordnung.

Auch nachdem der Bund die Ölreserven für die Mineralölwirtschaft in Teilen Deutschlands geöffnet hat, ist noch keine Lösung in Sicht: „Die angespannte Situation hält an“, sagt Alexander von Gersdorff, Sprecher des Mineralölverbandes.

Dass die Reserven zugänglich seien, trage nur zu einer Abmilderung des Problems bei. Grundsätzlich sei es eine Meisterleistung, dass die Logistikketten angesichts des Niedrigwassers überhaupt aufrechterhalten werden könnten. Aber erst länger anhaltender Regen, der zu einem deutlich höherem Pegel auf dem Rhein führe, werde das Problem dauerhaft lösen.

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