Kaufkraft der Arbeitnehmer steigt wieder Mehr Geld in der Tasche

WIESBADEN · Arbeitnehmer in Deutschland können sich in diesem Jahr über echte Lohnzuwächse freuen. Im ersten Quartal dieses Jahres legten nach Abzug der Inflation die Reallöhne um 1,3 Prozent so kräftig zu wie seit drei Jahren nicht mehr, berichtete das Statistische Bundesamt.

Experten erwarten auch für das Gesamtjahr, dass die Bruttogehälter inklusive der Sonderzahlungen deutlich über der Preissteigerung bleiben.

"Bei den Tarifgehältern wird das wohl noch ein bisschen deutlicher ausfallen", sagt Reinhard Bispinck vom WSI-Tarifarchiv der gewerkschaftlichen Böckler-Stiftung. Er sitzt gerade an einer Auswertung der Tarifabschlüsse für das erste Halbjahr. Die Einschätzung eines Reallohnplus für 2014 teilt der Volkswirt Christoph Schröder vom arbeitgebernahen Institut der Wirtschaft (IW) in Köln.

Die Reallohnsteigerung im Startquartal war die stärkste seit dem Frühjahr 2011. Sie sei von den festen Gehaltsbestandteilen wie auch von Sonderzahlungen getragen worden, berichtete das Bundesamt auf Grundlage von mehr als 40 000 regelmäßig befragten Unternehmen. Die nominalen Löhne sind danach in der Jahresfrist um 2,6 Prozent gestiegen, während die Verbraucherpreise nur um 1,2 Prozent zulegten.

Die Bundesbank erwartet für dieses Jahr nach europäischer Berechnungsweise eine Preissteigerung von 1,1 Prozent, während die meisten Tarifabschlüsse Steigerungen von um die drei Prozent vorsehen. Die Unbekannten in der Reallohnberechnung bleiben die Zulagen und die Einkommen der Arbeitnehmer, die nicht von Tarifabschlüssen profitieren.

Im gesamten Jahr 2013 mit schon teils kräftigen Tariferhöhungen hatte es in keinem Quartal einen echten Zuwachs gegeben: Vor allem wegen der geringeren Sonderzahlungen fielen die Lohnsteigerungen knapp aus und wurden von der Inflation komplett aufgefressen. Unter dem Strich blieb nach drei Zuwachsjahren ein Reallohnverlust von 0,1 Prozent.

Für Bispinck setzt sich nun die positive Entwicklung aus den Jahren 2010 bis 2012 fort: Die steigenden Reallöhne stärkten den privaten Konsum in Deutschland und mittelbar über steigende Steuereinnahmen auch den Staatshaushalt. Hier seien angesichts der maroden Infrastruktur, kommunaler Überschuldung und sozialer Probleme dringend zusätzliche Mittel notwendig. Außerdem würden die Ungleichgewichte innerhalb der Europäischen Union gemildert.

Hier setzt die Kritik des IW-Experten Schröder an. Deutschland könne sich einen dauerhaft überdurchschnittlichen Anstieg der Arbeitskosten nicht leisten. "Wir müssen auf unsere Wettbewerbsfähigkeit achten", mahnt er. Die Export-Industrie habe zwar einen starken Fokus auf Investitionsgütern, die weltweit gut verkauft werden könnten. "Der Preis bleibt im Markt aber immer ein wichtiges Argument."

Im vergangenen Jahr verdienten die deutschen Voll- und Teilzeitbeschäftigten ohne Sonderzahlungen im Schnitt 19,65 Euro pro Stunde. Dieser Wert schwankt regional stark. Am meisten wird danach in Hamburg (22,12 Euro) verdient, am wenigsten in Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen mit einem durchschnittlichen Stundenlohn von 15,02 Euro. Die bestbezahlten Angestellten der Republik haben in Hessen leitende Funktionen inne und verdienen in der Stunde fast 39 Euro. Ungelernte in Mecklenburg-Vorpommern müssen sich hingegen mit 9,07 Euro begnügen.

Zwischen den verschiedenen Beschäftigtengruppen zeigten sich weitere Unterschiede. So sind von 2007 bis 2013 die Nominallöhne im Osten (+15,8 Prozent) schneller gestiegen als im Westen (+13,4). Auch haben die Frauen (+15,1) gegenüber den Männern (+13,1) aufgeholt.

Beim Blick auf die Qualifikation zeigt sich, dass leitende Angestellte mit 18 Prozent die höchsten Gehaltszuwächse für sich verbuchen konnten. Aber auch ungelernte Arbeitnehmer lagen in den sieben Jahren mit einem Plus von 12,9 Prozent noch über der Teuerung von zehn Prozent, geht aus der Statistik hervor.

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