Bonner Professor warnt vor Nebenwirkungen von Handys "Menschen benötigen digitale Diäten"

BONN · Welche psychosozialen Folgen hat die Nutzung von Smartphones für die Menschen? Dieser Frage ging gestern Abend auf dem Frühjahrsempfang der Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn Rhein-Sieg Alexander Markowetz nach, Juniorprofessor für Informatik an der Universität Bonn.

Vor mehr als 300 Gästen aus Wirtschaft und Politik stellte Markowetz im Bad Godesberger Rheinhotel Dreesen Ergebnisse eine Studie über das Verhalten von 300 000 Smartphone-Nutzern vor. Die Teilnehmer der Studie hatten von einer dafür entwickelten App ihr Nutzungsverhalten aufzeichnen lassen.

Danach nutzen sie im Schnitt täglich drei Stunden lang ihr Gerät. "Aber fast gar nicht zum Telefonieren", wie Markowetz berichtete. Nur rund sieben Minuten entfallen der Studie zufolge auf Gespräche am Hörer. Und nur eine Minute täglich wird durchschnittlich aufgewendet, um übers Smartphone einzukaufen, etwa um Bahntickets zu ordern. "Fast die ganze Zeit geht drauf für Whatsapp, Facebook und Spiele", so Markowetz.

Im Schnitt blicke jeder rund 90 Mal täglich aufs Handy. Dabei handele es sich um "antrainierte Mechanismen, die Suchtverhalten ähneln". Die Folge: Die ständigen Selbstunterbrechungen "verhindern produktive geistige Arbeit". Das Fehlen von "Mikropausen", etwa beim Warten auf den Bus, befördere psychische Krankheiten wie Depressionen.

Der Umgang mit dem Smartphone ähnele einer "Schüttellähmung", einer "Anti-Meditation", deren kumulative Effekte mit entsprechenden Langzeitfolgen noch gar nicht klar seien. "Wir müssen die Frequenz herunterschalten. Menschen benötigen digitale Diäten", folgert Markowetz aus den Studienergebnissen.

Eltern und Lehrer stünden nun vor der Aufgabe, bei Kindern die notwendige "Arroganz" gegenüber der Technik aufzubauen, dass sie eben nicht auf jedes Piepsen des Smartphones reagieren müssten. Nötig sei auch, entsprechende Umgangsformen zu vermitteln. "Wir brauchen digitale Etikette."

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