Emiko aus Meckenheim Mikroben als Allheilmittel

MECKENHEIM · Nicht Bio, sondern EM: EM-Zahnpasta, EM-Dünger, EM-Kaffee, EM-Wein und EM-Fellkur. Nahrungsmittel, Futterzusätze und Kosmetikartikel werden aufgearbeitet mit Flüssigkeiten aus "effektiven Mikroorganismen".

 In den großen Kanistern lagert eine braune Flüssigkeit, das Standardprodukt von Emiko.

In den großen Kanistern lagert eine braune Flüssigkeit, das Standardprodukt von Emiko.

Foto: Jedicke

EM ist eine Lösung aus Zuckerrohrmelasse, in der Mikroben, also Kleinstlebewesen, mit Synthesebakterien und Hefe leben. Verwendet werden kann die Lösung nahezu überall. Keim-Cocktails, die also alles besser machen sollen.

Ein Gartenbauprofessor aus Japan war es, der die Geschäftsidee vor etwa 30 Jahren entwickelte. Er entdeckte eine angeblich nützliche Mischung aus Mikroorganismen, die chemiefrei in der Ernte eingesetzt werden konnte und die Erträge erhöhte. 1995 kam EM nach Deutschland - und zu Markus Werner.

Mit 35 Mitarbeitern vertreibt der studierte Agrarwissenschaftler die "effektiven Mikroorganismen" in ganz Deutschland. Im Juli ist er mit seiner Firma "Emiko" von Heimerzheim in größere Räume im Meckenheimer Industriepark umgezogen.

Das Standardprodukt ist eine braune Flüssigkeit und nennt sich EM1, ein Bodenhilfsstoff, wie Geschäftsführer Werner selbst erklärt. Die Lösungen lagern in großen Kanistern. Für unterschiedliche Produkte müssen die Mikroorganismen verschieden lange gären. Betreten werden dürfen die Produktionshallen nur mit Kopfbedeckung, Plastiküberziehern für die Schuhe und desinfizierten Händen - ein bisschen wie in einem Labor.

"EM1 fördert die Keimung, die Blüte und den Fruchtansatz", sagt Werner. Gleichzeitig verbessere es den Zustand des Bodens und beschleunige die Kompostierung. Einen halben Liter gibt es für 16,50 Euro. "Billig wollen wir nicht", sagt der Geschäftsführer.

Das gilt auch für die unzähligen anderen Produkte im Sortiment: von der Kompostpflege über Ohrenpflegetropfen bis hin zu sogenannten Bokashi Balls, die zum Abbau von Bodensedimenten in Gewässern eingesetzt werden sollen. Dass die Wirkung wissenschaftlich bislang kaum bewiesen ist, weiß auch der Geschäftsführer: "EM funktioniert in der Realität, aber nicht unbedingt im Reagenzglas", sagt Werner.

Kritisiert wird, dass viele Informationen über EM den wissenschaftlichen Standards nicht genügen. Trotzdem gibt es Abnehmer: 60 Prozent der größtenteils in Meckenheim produzierten Ware geht direkt an Haushalte. Eingekauft werden kann im Online-Shop oder im kleinen Laden vor Ort.

Die anderen 40 Prozent gehen laut Werner in die Landwirtschaft - als Siliermittel, zur biologischen Wasseraufbereitung oder als Ergänzungsfuttermittel, die vor allem für Pferde beliebt seien. Darmerkrankungen könnten mit Hilfe des Mikroben-Mix zurückgehen oder Milbenplagen beseitigt werden.

Wie viel Geld sich damit verdienen lässt, darüber redet Markus Werner nicht gerne. "Wachstum ist die Marschroute", betont er. Der Blick in die Bilanz der Emiko Handelsgesellschaft zeigt im Geschäftsjahr 2012 mit gut 93 000 Euro einen verdoppelten Jahresüberschuss gegenüber 2011.

Auch in 2013 konnte diese Zahl nach Angaben des Geschäftsführers weiter gesteigert werden. Der Umsatz liege mittlerweile über einer Million Euro, heißt es. Etwas verwirrend ist die Aufteilung des Unternehmens in mehrere Gesellschaften. Eine von ihnen, die Emiko Agrar GbR, ist mittlerweile wieder abgewickelt.

Markus Werner wird weiter versuchen, mit seinem Allheilmittel "effektive Mikroorganismen" moderat zu wachsen. Das sei in den neuen Hallen auch möglich: Verpackungsvorgänge seien optimiert worden und schlicht mehr Platz zur Lagerung vorhanden. Informieren will er potenzielle Kunden auch mit seinem Literaturangebot: Informiert wird darin, warum Mikroben-Cocktails bei der Wasseraufbereitung, in Badezimmern oder im Gartenteich helfen können - ganz ohne den Glauben daran funktioniert es vermutlich nicht.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort