Stalking-Fall wird teuer Millionenbußgeld gegen Telefon-Unternehmen 1&1

Bonn · Ein Stalking-Fall zeigt auf, dass das Telefonunternehmen 1&1 zeitweise Probleme mit dem Datenschutz hatte. Der Fall wurde vor dem Bonner Landgericht verhandelt.

 Der Sitz von 1&1 in Montabaur in Rheinland-Pfalz.

Der Sitz von 1&1 in Montabaur in Rheinland-Pfalz.

Foto: Thomas Frey/dpa/Illustration

Im Frühjahr 2019 ruft eine Frau in einem Callcenter des Telefonunternehmens 1&1 an: Sie erkundigt sich nach der Telefonnummer ihres Ex-Mannes, den sie in der Folge durch unzählige Anrufe belästigt. Damit hat sie ungewollt einen Stein ins Rollen gebracht. Das Stalkingopfer wandte sich wegen der seiner Ansicht nach ungerechtfertigten Weitergabe seiner Kundendaten an den Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit BfDI und die seit Januar 2019 von dem ehemaligen Bonner Bundestagsabgeordneten Ulrich Kelber geleitete Bundesbehörde verhängte in der Folge ein Bußgeld in Höhe von sage und schreibe 9.550.000 Euro gegen das Unternehmen mit Sitz in Montabaur. Dagegen hatte 1&1 Einspruch eingelegt und vor der 9. Kammer für Bußgeldsachen am Bonner Landgericht hat am Mittwoch das Verfahren begonnen.

Einstellung beantragt

Gleich zu Beginn beantragte ein Anwalt des Unternehmens das Verfahren wegen Unzulässigkeit einzustellen. Gegenstand eines Bußgeldverfahrens dürften in Deutschland nur natürliche aber nicht, wie im vorliegenden Fall, juristische Personen sein. Rund eine gute Stunde lang trug der Jurist seine Rechtsauffassung vor, die im Kern besagt, dass im nationalen Recht zumindest eine sogenannte „Anknüpfungstat“ einer natürlichen Person gegeben sein müsse, um überhaupt ein Bußgeldverfahren einleiten zu dürfen. Kelbers Behörde habe aber weder gegen den Aufsichtsrat noch gegen die Geschäftsführung der Montabaurer Telefonanbieter ermittelt.

Umstellung nach Beschwerde

Das Unternehmen habe keine hinreichenden „technisch-organisatorischen“ Maßnahmen ergriffen, um zu verhindern, dass Unberechtigte bei der telefonischen Kundenbetreuung Auskünfte zu Kundendaten erhalten könnten, heißt es in der Begründung des Bußgeldbescheids. Offenbar reichten zwischen Ende Mai 2018 und „mindestens bis zum März 2019“ Name und Geburtsdatum des Vertragsnehmers aus, um telefonisch Auskunft über weitere Details des Kundenverhältnisses zu bekommen. Erst nach der Beschwerde sei es zu der Umstellung auf das bis heute angewandte System mit einer 5-stelligen Servicenummer gekommen. Von der müssen die Kunden den Callcentermitarbeitern heute drei jeweils wechselnde Ziffern nennen, um zu verhindern, dass selbst die Mitarbeiter unberechtigten Zugriff auf die Daten erhalten können.

Man habe immer gut und vertrauensvoll mit den Datenschutzbehörden der Länder und auch mit dem BfDI zusammengearbeitet, sagte ein weiterer Unternehmensanwalt. Daher sei man von dem Bußgeld, das seiner Kenntnis nach das dritthöchste je verhängte in ganz Deutschland sei, gleichermaßen geschockt und überrascht gewesen.

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