Kommentar Moderne Alchemie

Früher hätte so etwas ungläubiges Staunen hervorgerufen: Dass der Vorstandschef eines Dax-Konzerns, der nach neun Monaten fast sieben Milliarden Euro Verlust ausweisen muss, ankündigt, auch noch eine Dividende von drei Milliarden Euro auszuzahlen. So wie Telekom-Chef René Obermann. Geld aus dem Nichts? Wie geht das?

Ja, die alten Zeiten sind vorbei. Als Dividenden, also Gewinnbeteiligungen, noch allein aus dem jeweiligen Jahresüberschuss bezahlt wurden. Und Aktionärsschützer über niedrige Ausschüttungsquoten klagten. Hohe Kapitalreserven sollten die Unternehmen widerstandsfähig machen. Dann kam die Globalisierung.

Und mit ihr internationale Rechnungslegungsstandards. Und ein internationaler Wettbewerb um Anleger, um Kapital. Hoher Börsenkurs, hohe Dividenden wurden wichtiger.

Auch das deutsche Handelsgesetzbuch knüpft die maximale Höhe der Dividende nicht allein an den Jahresüberschuss, sondern an den Bilanzgewinn. Und der darf sich unter anderem auch aus Rücklagen speisen. Hexen kann allerdings auch Obermann nicht: Wenn solche Rücklagen dafür angegriffen werden, wird das Geld zwar mehr, das Kapital aber weniger. Die Substanz nimmt ab.

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