Kommentar zur IW-Studie Nachteile des Booms

Meinung | Bonn · Man muss nicht nach Ostdeutschland fahren, um die Konsequenzen dieser Entwicklung zu beobachten. Es reicht auch schon ein Besuch im Osten des Rhein-Sieg-Kreises, kommentiert Ulla Thiede.

Bonn ist stolz auf seine hohe Akademikerdichte, und wer hätte gedacht, dass die Bundesstadt bei der Zahl der Auszubildenden sogar einen (zweiten) Spitzenplatz unter den deutschen Kommunen einnimmt? Auch Stuttgart, Frankfurt und Köln sind als Metropolen für Fachkräfte attraktiv, weil nicht nur gut bezahlte Arbeitsplätze winken, sondern die Infrastruktur bis hin zu den Freizeitangeboten stimmt.

Die Folge ist, dass sich die Altersstruktur umgekehrt hat: War die Bevölkerung vor 20 Jahren in den kreisfreien Großstädten im Schnitt mehr als ein Jahr älter als in den übrigen Kreisen, sind die Städter heute mehr als zwei Jahre jünger. Dazu trägt auch die Fluchtmigration der vergangenen Jahre bei.

Man muss nicht nach Ostdeutschland fahren, um die Konsequenzen dieser Entwicklung zu beobachten. Es reicht auch schon ein Besuch im Osten des Rhein-Sieg-Kreises. Wenn es wie in strukturschwachen Gegenden wie Eitorf und Windeck keine Jobperspektiven für die jungen Leute gibt, haben diese nur die Wahl zwischen Wegzug oder Pendeln zu einem weiter entfernten Arbeitsplatz. Nur der Mangel an bezahlbarem Wohnraum in der Stadt mag den jungen Mann oder die junge Frau in diesem Fall daran hindern, den Heimatort zu verlassen.

Aus bevölkerungspolitischer Sicht ist der Drang in die Städte ein zweischneidiges Schwert. Dabei wohnt nicht jeder Beschäftigte auch am Arbeitsort. Das Ein- und Auspendeln verursacht vielfältige Probleme, die die Forscher des IW nicht untersucht haben. Eine umfassendere Analyse wäre wünschenswert.

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