Zurich wächst in Bonn wieder Neuausrichtung in Deutschland trägt erste Früchte

BONN · Die Neuausrichtung des Deutschlandgeschäfts beim Schweizer Versicherungskonzern Zurich trägt erste Früchte. Sowohl bei Lebens- als auch bei Sachversicherungen verzeichnet die in Bonn ansässige Zurich Gruppe Deutschland Zuwächse gegenüber dem Vorjahr. Das sagten Vorstandschef Ralph Brand und Lebensversicherungschef Marcus Nagel dem GA.

Altehrwürdiges Haus: Der Deutsche Herold, der zu Zurich Deutschland gehört, in Bonn.

Altehrwürdiges Haus: Der Deutsche Herold, der zu Zurich Deutschland gehört, in Bonn.

Foto: barbara frommann

Zurich Deutschland war nach schwerwiegenden Fehlkalkulationen bei der Versicherung von Krankenhäusern, Architekten und Ingenieuren vor zwei Jahren in die roten Zahlen gerutscht. Die Schweizer Muttergesellschaft musste für die Risiken mehr als eine halbe Milliarde Dollar zurückstellen. In Bonn wurden fast das gesamte Management ausgetauscht, die defizitären Geschäfte aufgegeben und die Sparten neu ausgerichtet. Das Geschäft schrumpfte vor allem deshalb im vergangenen Jahr um fast fünf Prozent auf 5,9 Milliarden Euro Beitragseinnahmen.

"Wir haben mehr Neugeschäft als im vergangenen Jahr", sagte Nagel. Die klassische Lebensversicherung mache allerdings nur noch 15 bis 20 Prozent davon aus. "Wir kämpfen wie die gesamte Branche mit den Niedrigzinsen." Der gesetzliche Garantiezins von 1,75 Prozent stelle für Zurich aber "kein Problem" dar. Zurich habe sich schon seit geraumer Zeit auf die Versicherung von Berufsunfähigkeit und fondsgebundene Lebensversicherungen konzentriert.

Hier gibt es keine Garantieverzinsung. Nagel erwartet, dass sich Lebensversicherungen durchsetzen werden, die in Wertpapierfonds investieren, die eingezahlten Beiträge garantieren und darüber hinaus eine nicht garantierte Gewinnsumme ausschütten. "Über diese Gewinnsumme wird sich dann die Spreu vom Weizen trennen", prognostiziert Nagel. Bei der Geldanlage will Zurich künftig stärker diversifizieren. Dabei denken die Bonner weniger an einen Ausbau des Aktienanteils, der derzeit bei rund fünf Prozent liegt - erlaubt sind maximal 30 Prozent -, als vielmehr an ein Engagement in Unternehmensanleihen und Infrastrukturanleihen. "Wir prüfen Projekte zur Finanzierung von Stromtrassen", sagte Nagel.

Bei den Schadensversicherungen will Zurich Deutschland "stärker als der Markt wachsen", sagte Brand. Das Marktwachstum liege bei rund drei Prozent. Stark vertreten ist Zurich bei Autoversicherungen, die etwa die Hälfte des Sachversicherungsgeschäfts ausmachen, zu dem auch Haftpflicht- und Unfallversicherungen gehören.

Bei diesen sieht Brand "noch Potenzial nach oben". Bei Autoversicherungen ist Zurich Partner des ADAC, mit dem die Bonner ein Gemeinschaftsunternehmen betreiben. Die Vertrauenskrise beim ADAC habe sich auf dieses Geschäft aber nicht ausgewirkt, versicherte Brand. Zwar sei die Zahl der Neuanfragen kurzzeitig zurückgegangen, die Zahl der Versicherungsabschlüsse sei aber stabil geblieben. Ein Experimentierfeld der Zurich sind nach den Worten Brands Versicherungen gegen Cyberkriminalität, etwa Datenklau, für Unternehmen. Hier entwickeln die Bonner gerade Geschäftsmodelle, erste Angebote sind auf dem Markt. Insgesamt sei die Sachversicherungssparte profitabel, sagte Brand, ohne Zahlen zu nennen.

Im vergangenen Jahr war bei Zurich Deutschland das Geschäft in der Lebensversicherungssparte um 6,6 Prozent auf 3,5 Milliarden Euro zurückgegangen und bei Sachversicherungen um 2,9 Prozent auf 2,4 Milliarden Euro. Unterm Strich blieb ein Gewinn von 59 Millionen Euro nach 227 Millionen Euro Verlust im Vorjahr.

Über die Zukunft der Standorte Köln (rund 1150 Mitarbeiter) und Bonn (rund 1550 Mitarbeiter) soll nach den Worten Brands bis Jahresende Klarheit herrschen. Wie berichtet, sind die Bürogebäude, in denen Zurich residiert und die Zurich auch gehören, sanierungsbedürftig.

Zur Diskussion stehen laut Brand nach wie vor die Renovierung der Gebäude oder der Umzug an einen neuen, dann gemeinsamen Standort, entweder in Köln oder in Bonn. "Wir prüfen noch, was unter Berücksichtigung aller Faktoren, nicht nur der Kosten, die beste Lösung ist", sagte Brand. An der Personalstärke werde sich in den nächsten Jahren voraussichtlich wenig verändern.

Insgesamt beschäftigt Zurich in Deutschland rund 5500 Mitarbeiter, größere Standorte sind noch Frankfurt (rund 1000), Oberursel (rund 300) und Wiesbaden (rund 200).

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