Angebot in Bonn Neue Beratungsstelle für junge Menschen mit Migrationshintergrund

BONN · In Syrien haben junge Menschen nach der Schule zwei Möglichkeiten: studieren oder arbeiten. Eine duale Ausbildung gibt es nicht, erklärt Ramy Azrak. Er ist Projektmitarbeiter der neuen Kausa Servicestelle Bonn/Rhein-Sieg - eine "Koordinationsstelle Ausbildung und Migration".

Das bundesweite Projekt ist insgesamt in 13 Städten vertreten, seit gestern offiziell auch in Bonn. Ziel der Mitarbeiter ist es unter anderem, den Anteil junger Menschen mit Migrationshintergrund am deutschen Ausbildungsmarkt zu verbessern. "Dazu wollen wir in den nächsten drei Jahren 70 Unternehmen und 500 Jugendliche ansprechen", sagt Azrak - ein bisher ungenutztes Potenzial an zukünftigen Fachkräften.

Azrak hat selbst einen Migrationshintergrund. Seine Eltern kamen vor Jahrzehnten aus Syrien nach Deutschland. Er weiß um die Unterschiede in der Kultur, die die Beratungsstelle auch nutzen möchte. Ein wichtiger Ansatz sind die Eltern, wie Azrak erklärt: "In Ländern wie Syrien haben sie noch wesentlich größeren Einfluss auf die berufliche Zukunft der Kinder als in Deutschland." Daher nehme sie die Beratungsstelle verstärkt in den Fokus. Die Eltern sollen das duale Ausbildungssystem kennenlernen und bei ihren Kindern dafür Interesse wecken. "Wir haben viele potenzielle Auszubildende, die wir noch nicht erreichen."

Wie stark der deutsche Arbeitsmarkt in Zukunft tatsächlich von Zuwanderung abhängt, macht Thomas Rachel, Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung Johanna Wanka, im Rahmen der Kausa-Auftaktveranstaltung deutlich: "Obwohl die Erwerbstätigkeit der Frauen in Deutschland steigt, sinkt die Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland bis 2025 um 3,5 Millionen Menschen, bis 2050 sogar um 14 Millionen Menschen."

Um die Jugendlichen und ihre Eltern besser zu erreichen, berät Azrak auch auf arabisch. Auch türkisch und russisch stünde bei den anderen Beratungsstellen in Deutschland im Vordergrund. Das seien die Sprachen der jungen Leute, die mit den meisten Vorurteilen konfrontiert seien und bei Unternehmen die stärkste Ablehnung erfahren. "Es ist leider immer noch so: Herr Öztürk hat es wesentlich schwerer, eine Lehrstelle zu finden, als Herr Mayer", erklärt Azrak.

Deshalb richtet sich die Beratung der Kausa Servicestelle, deren Träger die Otto Benecke Stiftung ist, auch an Unternehmer - natürlich auch an solche mit Migrationshintergrund. Denn jeder fünfte deutsche Unternehmer bilde aus, aber nur jeder siebte Unternehmer mit Migrationshintergrund.

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