Handwerkskammer mit der Situation in der Region zufrieden Noch Hunderte freie Ausbildungsplätze

KÖLN · Ein leichtes Minus bei den im Ausbildungsjahr 2014/15 neu abgeschlossenen Lehrverträgen macht Ortwin Weltrich keine Sorgen. 20 Verträge weniger seien abgeschlossen, so der Hauptgeschäftsführer der auch für Bonn und die Region zuständigen Handwerkskammer zu Köln gestern. Wahrscheinlich seien auch einige Verträge wegen des Poststreiks noch unterwegs.

 Geschärfter Blick: Auszubildender in einer Holzwerkstatt.

Geschärfter Blick: Auszubildender in einer Holzwerkstatt.

Foto: dpa

Im Kalenderjahr 2015 wurden mit 2071 neuen Ausbildungsverträgen 89 oder 4,5 Prozent mehr abgeschlossen als im Vorjahr. "Mit der bisherigen Entwicklung sind wir zufrieden", sagte Weltrich.

Dabei ist der Zug noch nicht abgefahren. Zwar beginnt die Ausbildung im August oder im September. Aber auch im Oktober werden noch Ausbildungsplätze vergeben. Und der Markt ist noch lange nicht leer gefegt. Allein bei der Lehrstellenbörse der Handwerkskammer sind 499 freie Ausbildungsplätze registriert. "Dazu kommen noch mindestens 500 nicht angezeigte Stellen", so Weltrich, der an die Unternehmen appelliert, freie Plätze auch zu melden, und die jungen Menschen auffordert, sich registrieren zu lassen. Sieben Mitarbeiter hat die Ausbildungsvermittlung der Kammer. Und die verständen ihr Handwerk, so Weltrich.

Frei sind auch noch begehrte Ausbildungsplätze in der Kfz-Technik, im Metallbau, im Büromanagement, in der Hörgeräteakustik, der Zahntechnik oder in der Informationselektronik. "Wir haben kein Angebotsproblem", so Weltrich. Die jungen Menschen - besonders die mit mittlerem Bildungsabschluss - fänden aber nicht den Weg ins Handwerk.

43,7 Prozent streben nach einer Befragung in Köln nach dem mittleren Bildungsabschluss ins Berufskolleg, weitere 32,8 Prozent der Realschülerinnen und Schüler möchten in die Oberstufen von Gymnasien und Gesamtschulen. Dabei erreichten längst nicht alle den angestrebten Abschluss, so Weltrich. Manch ein Besuch einer Handelsschule entpuppe sich als Warteschleife. Weltrich sieht das Schulministerium am Zug. Es müsse die offensive Werbung von Berufskollegs eindämmen.

Für einige jungen Menschen wäre auch eine Ausbildung im Handwerk eine Alternative zum Studium. Meister verdienten manchmal mehr als Akademiker, und ihre Arbeitslosenquote sei mit zwei Prozent auch niedriger als die von Hochschulabsolventen mit 2,5 Prozent. Für besonders leistungsorientierte junge Menschen empfiehlt Weltrich das triale Studium, in dem gleich drei Abschlüsse erworben werden können: Bachelor, Ausbildungsabschluss und Meisterbrief.

Auch um Studienumsteiger bemüht sich das Handwerk in Zusammenarbeit mit den Hochschulen. Wer ins Handwerk wechselt und eine Ausbildung macht, kann sich zum Teil an der Uni erbrachte Leistungen anrechnen lassen und die Ausbildung verkürzen. Irritiert zeigte sich Weltrich von Abschlussprämien für die NRW-Hochschulen von 4000 Euro für Absolventen.

Das könne zu Fehlsteuerungen führen, wenn die Universitäten Studenten heftig dazu animierten, ein Examen abzulegen, möglicherweise auch in einem anderen Fach als das ursprünglich gewählte. Eine Prämie sollte es auch geben, wenn Studenten, für die sich der Besuch einer Uni vielleicht nicht als richtiger Weg in den Beruf erweist, erfolgreich in eine Ausbildung beraten werden. Insgesamt zeigte sich Kammer-Geschäftsführer Weltrich "hoffnungsfroh", dass das Handwerk das Ausbildungsjahr mit positiven Zahlen abschließen werde. Es müsse aber noch "eine Schippe drauflegen", und mehr Unterstützung der Politik sei auch nötig.

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