Bonner Verband: Unternehmensberater warnen vor Pleitewelle Pleitewelle schon ab Mai oder Juni möglich

Bonn · Nach deutlichen Einbußen rechnen die deutschen Unternehmensberater in diesem Jahr wieder mit steigenden Umsätzen. Ein Grund: Viele Unternehmen dürften Hilfe bei der Sanierung oder Restrukturierung benötigen, wenn die Staatshilfen auslaufen.

 Leere am Checkin-Bereich des Düsseldorfer Flughafens: Dienstreisen sind durch die Corona-Pandemie fast vollständig eingestellt worden.

Leere am Checkin-Bereich des Düsseldorfer Flughafens: Dienstreisen sind durch die Corona-Pandemie fast vollständig eingestellt worden.

Foto: dpa/Fabian Strauch

 Unternehmensberater wissen um den Zustand der Wirtschaft wie kaum ein anderer Berufszweig. Sie kennen die Bilanzen der Firmen, sprechen mit den Managern. Für sie ist klar: Die Corona-Pleitewelle kommt noch. „Die Frage ist nur noch: Wann?“, sagte Ralf Strehlau, Präsident des Bundesverbands Deutscher Unternehmensberater (BDU) mit Sitz in Bonn gestern.

Erst nach der Bundestagswahl

Der Branchenvertreter rechnet mit „exponentiellem Wachstum“ der Firmeninsolvenzen in Folge der Corona-Krise. Die Welle erwartet er entweder im Mai/Juni, „wenn die Gespräche der Unternehmen mit ihren Banken anstehen“. Aber Strehlau hält es nach eigener Aussage auch für möglich, dass aus politischen Gründen durch weitere staatliche Auffangmaßnahmen die Insolvenzen auf die Zeit nach der Bundestagswahl in diesem September verschoben werden sollen. Bis Ende April gelten noch Regeln nach dem Covid-19-Insolvenzaussetzungsgesetz. Sie entbinden zahlungsunfähige Unternehmen von der Pflicht, einen Insolvenzantrag zu stellen.

Neben der Digitalisierung sehen die Unternehmensberater auch die Sanierung von Unternehmen als maßgebliches Geschäftsfeld im laufenden Jahr. Die Beratung der vom Virus angeschlagenen Unternehmen dürfte sich lohnen. In diesem Bereich rechnen die Berater mit 15 Prozent mehr Umsatz in diesem Jahr. Insgesamt erwartet die Consulting-Branche ein Umsatzplus um neun Prozent. 2020 war laut BDU erstmals seit zehn Jahren der Umsatz zurückgegangen – um 3,2 Prozent auf 34,6 Milliarden Euro. Vor allem kleinere Beratungsfirmen hätten Einbußen verzeichnet, so der BDU.

Aber auch für die Unternehmen, die die Pandemie überstehen, gibt es aus Sicht der Beraterbranche deutliche Veränderungen. Auch nach Corona werde das Arbeiten von zu Hause aus eine wichtige Rolle spielen, erwartet Strehlau. Auch die Zahl der Dienstreisen, werde „nie wieder das Niveau von vor Corona erreichen“. Das liege auch daran, dass die Unternehmen zunehmend um Nachhaltigkeit bemüht seien. „Und das passt nun einmal nicht zu vielen Dienstreisen“, so der Verbandspräsident.

Unter EU-Schnitt

Nachdem zuletzt immer wieder deutliche Kritik an den Ausgaben von Bundesministerien für Beraterhonorare laut wurde, verteidigte der Verband den Einsatz seiner Mitglieder. Deutschland liege mit knapp zehn Prozent der Aufträge für Unternehmensberater aus dem öffentlichen Sektor deutlich unter dem EU-Schnitt (13,7 Prozent). BDU-Präsident Strehlau hält das Geld zudem für gut investiert: „Die Umsetzungsdefizite in der Verwaltung sind offensichtlich.“ Eine Veränderung von Organisationen und Verwaltungen sei zudem „von innen heraus“ nicht möglich.

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