Wirtschaftsweise Isabel Schnabel Professorin der Uni Bonn soll EZB-Direktorin werden
Berlin · Noch lehrt die Wirtschaftsweise Isabel Schnabel an der Universität in Bonn, doch schon bald könnte sie einen Platz im Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB) einnehmen. Dieser wird durch die scheidende Sabine Lautenschläger frei.
Die Bundesregierung will nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" die Wirtschaftsprofessorin Isabel Schnabel für den frei werdenden Platz im Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB) nominieren. Einen entsprechenden Vorschlag von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) will das Kabinett am Mittwoch beschließen, wie die Zeitung berichtete. Demnach ist der Vorschlag mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Innenminister Horst Seehofer (CSU) abgestimmt.
Eine Sprecherin des Finanzministeriums wollte sich zu dem Bericht nicht äußern. Zwei weitere Quellen, darunter eine EZB-nahe, bestätigten die Informationen jedoch.
Die 48-jährige Schnabel ist eine der Wirtschaftsweisen der Bundesregierung. Sie soll im EZB-Direktorium auf Sabine Lautenschläger folgen, die kürzlich mitgeteilt hatte, dass sie vorzeitig zum 31. Oktober aus dem Direktorium ausscheidet. Zu dem Gremium zählen neben EZB-Präsident Mario Draghi fünf weitere Mitglieder. Gemeinsam mit den 19 nationalen Notenbankchefs der Eurostaaten bilden sie den EZB-Rat, das wichtigste Beschlussorgan der Zentralbank, das den geldpolitischen Kurs im Euroraum absteckt.
Auslöser für Lautenschlägers Rückzug waren offenbar Meinungsverschiedenheiten über die ultralockere Geldpolitik der EZB - vor allem die jüngste Zinsentscheidung der Zentralbank und die Wiederaufnahme milliardenschwerer Anleihekäufe. Nach ihrer Ankündigung hieß es im Finanzministerium, dass Deutschland erneut eine Besetzung des Postens mit einem deutschen Kandidaten oder einer Kandidatin anstrebe. Ernannt wird das neue Direktoriumsmitglied dann nach einer Anhörung vor dem EU-Parlament durch den Europäischen Rat.
Schnabel lehrt an der Universität Bonn. Sie gilt als Unterstützerin der Geldpolitik der EZB unter Draghi, der seinen Posten demnächst an Christine Lagarde übergibt.
Kritik an der Personalie Schnabel kam von der FDP. Mit deren Nominierung füge sich die Regierung "den bisherigen Mehrheiten innerhalb der EZB", sagte der Finanzexperte Florian Toncar der Nachrichtenagentur AFP. "Nötig und richtig" wäre der Vorschlag einer Person gewesen, die "aus voller Überzeugung für eine andere Geldpolitik kämpft", fügte er hinzu. Die derzeitigen Maßnahmen der EZB seien eine "Gefahr für die Altersvorsorge, die Stabilität des Finanzsystems" und letztlich die Glaubwürdigkeit der EZB.